Die Oscar-Nacht in sechs Punkten: Das waren die grössten Aufreger und Überraschungen

Die 91. Oscarverleihung ist zu Ende. Der Hauptpreis ging nicht an «Roma». Auch sonst gab es ein paar faustdicke Überraschungen.

Lory Roebuck
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Im Video: Gänsehaut-Momente, Überraschungen und glückliche Gewinner

1. Kein Moderator, kein Problem?

Sie wollten für Lacher sorgen: Die Schauspielerinnen Maya Rudolph, Tina Fey und Amy Poehler. (Bild: Chris Pizzello / Keystone)

Sie wollten für Lacher sorgen: Die Schauspielerinnen Maya Rudolph, Tina Fey und Amy Poehler. (Bild: Chris Pizzello / Keystone)

Zum ersten Mal seit 1989 ging die Oscarverleihung ohne Moderator über die Bühne. Das machte sich bemerkbar. Die Show hatte ein hohes Tempo und war nach etwas mehr als drei Stunden bereits zu Ende. Aber es fehlte jemand, der die Filmbranche auf die Schippe nimmt und dem Ganzen etwas Würze verleiht. Wer bloss zuschaute, um die Gewinnerinnen und Gewinner zu erfahren, war bedient. Alle anderen langweilten sich fast zurück ins Bett.

2. Frauenpower!

Rayka Zehtabchi und Melissa Berton gewannen für ihren Kurz-Dokumentarfilm. (Bild: Chris Pizzello / Keystone)

Rayka Zehtabchi und Melissa Berton gewannen für ihren Kurz-Dokumentarfilm. (Bild: Chris Pizzello / Keystone)

«Ich kann nicht fassen, dass ein Film über Menstruation gerade einen Oscar gewonnen hat», brüllte Rayka Zehtabchi, die Regisseurin des Netflix-Kurzfilms «Period. End of Sentence», ins Mikrofon. Sie war eine von insgesamt 15 Frauen, die an diesem Abend einen Oscar gewannen. Rekordverdächtig!

3. Olivia Colmans grosser Moment

Olivia Colman wurde als beste Hauptdarsteller gewürdigt. (Bild: Chris Pizzello / Keystone)

Olivia Colman wurde als beste Hauptdarsteller gewürdigt. (Bild: Chris Pizzello / Keystone)

Glenn Close («The Wife») war die Favoritin. Die Frau, die zwischen 1983 und 1989 fünf Mal für den Oscar nominiert war (aber nie gewann) und derzeit ein Karriere-Revival feiert, sollte endlich gewinnen. Doch die Auszeichnung für die beste Hauptdarstellerin ging an Olivia Colman für ihre Rolle als Königin Anne in «The Favourite». Die Britin war perplex: «Glenn, du bist mein Idol, so sollte das nicht passieren.» Doch passiert ist es. Verdientermassen! Colman hielt die beste, lustigste und emotionalste Rede des Abends und widmete den Preis schliesslich ihren Kindern zuhause in London: «Seid ihr noch wach? Ich hoffe es! Denn das passiert nur einmal.»

So rührend war Olivia Colmans Dankesrede:

4. «Bohemian Rhapsody» in Sammellaune

Rami Malek überzeugte als Freddy Mercury. (Bild: Chris Pizzello / Keystone)

Rami Malek überzeugte als Freddy Mercury. (Bild: Chris Pizzello / Keystone)

Dass Hauptdarsteller Rami Malek für seinen fulminanten Auftritt als Freddy Mercury den Oscar holt, bezweifelte im Vorfeld niemand. So kam es auch. Doch dass «Bohemian Rhapsody» am Ende des Abends gleich vier Oscars mit nach Hause nimmt, überrascht. Keiner der Preisträger bedankte sich bei Regisseur Bryan Singer, der gegen Ende des Drehs gefeuert worden war. Einer, der das Chaos hinter den Kulissen aufräumen musste, war der Cutter John Ottman. Sein Lohn ist nun ein Oscar. Zwei weitere erhielt der Film für den besten Tonschnitt und die beste Tonmischung.

5. Black Power!

Spike Lee (links) und Mahershala Ali. (Bild: Jordan Strauss / Keystone)

Spike Lee (links) und Mahershala Ali. (Bild: Jordan Strauss / Keystone)

Da steht der ganze Saal und applaudiert: Der afroamerikanische Regieveteran Spike Lee gewinnt für sein Drehbuch zum Rassismusdrama «BlacKkKlansman» endlich seinen ersten Oscar.

Lee gab sich auf der Bühne politisch und feurig wie immer: «Die Präsidentschaftswahl 2020 kommt immer näher. Let’s all do the right thing!» Mit Regina King (für «if Beale Street Could Talk») und Mahershala Ali («Green Book») gingen auch zwei der vier Darsteller-Oscars an Afroamerikaner. Und der Superheldenfilm «Black Panther» reüssierte in drei Kategorien: beste Kostüme, bestes Produktionsdesign und bester Soundtrack.

6. Cuarón holt drei Oscars - aber nicht den wichtigsten

Der grosse Gewinner des Abends ist «Green Book» von Regisseur Peter Farrelly (Mitte). (Bild: Chris Pizzello / Keystone)

Der grosse Gewinner des Abends ist «Green Book» von Regisseur Peter Farrelly (Mitte). (Bild: Chris Pizzello / Keystone)

«Roma» war für 10 Oscars nominiert und deshalb in der Favoritenrolle. Und nachdem Alfonso Cuarón drei Goldmännchen - für die beste Kamera, die beste Regie und den besten nicht-englischsprachigen Film - abholen durfte, schien der letzte grosse Preis nur noch Formsache zu sein.

Doch es kam anders: Nicht die Netflix-Produktion wurde als bester Spielfilm ausgezeichnet, sondern «Green Book» (insgesamt drei Oscars). Das Rassismusdrama von US-Regisseur Peter Farrelly polarisiert: Während «Green Book» bei den meisten Kinozuschauern gut ankam, bezeichnen ihn nun viele prominente US-Filmkritiker als den schlechtesten Oscar-Gewinner seit «Crash» (2006).

Die Zitate der Oscar-Nacht:

Schauspieler Rami Malek, Bester Hauptdarsteller als Queen-Frontmann Freddie Mercury («Bohemian Rhapsody»):

«Wir haben einen Film über einen schwulen Mann gedreht, einen Einwanderer, der sein Leben lang er selbst war, ohne sich dafür zu entschuldigen. Und die Tatsache, dass ich ihn und seine Geschichte heute mit Ihnen feiern kann, beweist, dass wir uns nach solchen Geschichten sehnen. (...) Ich bin der Sohn ägyptischer Einwanderer. Ich bin ein Amerikaner erster Generation. Teil meiner Geschichte wird in diesem Moment geschrieben.»

Regisseur Alfonso Cuarón, Beste Regie («Roma»):

«Die 70 Millionen Haushaltshilfen in der Welt ohne Arbeitserlaubnis sind Figuren, die in der Geschichte des Films in den Hintergrund verbannt wurden. Es ist unser Job hinzuschauen, wo andere wegschauen. Diese Verantwortung wird noch viel wichtiger in Zeiten, in denen das Wegsehen gefördert wird.»

Regisseur Spike Lee, Bestes adaptiertes Drehbuch («BlacKkKlansman»):

«Vor 400 Jahren wurden unsere Vorfahren aus Afrika geraubt und versklavt. (...) Vor der ganzen Welt erweise ich unseren Vorfahren, die dieses Land aufgebaut haben, meine Ehre. Wenn wir mit unseren Vorfahren in Kontakt treten, erfahren wir Liebe, Weisheit und erlangen unsere Menschlichkeit zurück. (...) Die Präsidentschaftswahlen von 2020 sind nicht mehr weit weg. Lasst uns aktiv werden und auf der richtigen Seite der Geschichte stehen. (...) Lasst uns das Richtige tun!»

Schauspielerin Olivia Colman, Beste Hauptdarstellerin («The Favourite»):

«Das hier ist tatsächlich ziemlich stressig. Köstlich, ich habe einen Oscar! (...) In einer Kategorie mit all diesen aussergewöhnlichen Frauen zu sein. Und Glenn Close, du bist schon so lange mein Idol und ich wollte nicht, dass es so ausgeht. Du bist unglaublich, ich liebe dich sehr. Ich liebe euch alle.»

Die Gewinner der Oscar-Nacht

Alfonso Cuaron wird gleich dreifach ausgezeichnet: Er bekommt den Oscar für den besten Regisseur, den besten fremdsprachigen Film und beste Kameraarbeit für «Roma». (Photo by Jordan Strauss/Invision/AP)
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«Green Book» erhält den Oscar in der Kategorie bester Film. «Green Book» gewann auch den Oscar für das beste Originaldrehbuch. (Photo by Chris Pizzello/Invision/AP)
Olivia Colman wird für ihre Rolle als Queen Anne in «The Favourite» als beste Darstellerin ausgezeichnet. (Photo by Chris Pizzello/Invision/AP)
Rami Malek erhält den Oscar für seine Darstellung von Freddie Mercury im Film «Bohemian Rapsody». (Photo by Chris Pizzello/Invision/AP)
Regina King gewinnt für ihre Rolle in «If Beale Street Could Talk» den Oscar als beste Nebendarstellerin. (Photo by Jordan Strauss/Invision/AP)
Mahershala Ali wird als bester Nebendarsteller für seine Rolle in «Green Book» ausgezeichnet (Photo by Chris Pizzello/Invision/AP)
Shallow aus dem Film «A Star is Born» erhält die Auszeichnung für den besten Song. Chris Pizzello/Invision/AP)
Die Auszeichnung für bestes adaptiertes Drehbuch geht an Charlie Wachtel und Spike Lee für «BlacKkKlansman »(Photo by Chris Pizzello/Invision/AP)

Alfonso Cuaron wird gleich dreifach ausgezeichnet: Er bekommt den Oscar für den besten Regisseur, den besten fremdsprachigen Film und beste Kameraarbeit für «Roma». (Photo by Jordan Strauss/Invision/AP)

- Bester Film: «Green Book» von Peter Farrelly

- Regie: Alfonso Cuarón für «Roma»

- Hauptdarsteller: Rami Malek für «Bohemian Rhapsody»

- Hauptdarstellerin: Olivia Colman für «The Favourite»

- Nebendarstellerin: Regina King für «If Beale Street Could Talk»

- Nebendarsteller: Mahershala Ali für «Green Book»

- Nicht-englischsprachiger Film: «Roma» (Mexiko) von Alfonso Cuarón

- Kamera: Alfonso Cuarón für «Roma»

- Original-Drehbuch: Nick Vallelonga, Brian Currie und Peter Farrelly für «Green Book»

- Adaptiertes Drehbuch: Charlie Wachtel, David Rabinowitz, Kevin Willmott und Spike Lee für «BlacKkKlansman»

- Schnitt: John Ottman für «Bohemian Rhapsody»

- Filmmusik: Ludwig Goransson für «Black Panther» - Filmsong: «Shallow» von Lady Gaga, Mark Ronson, Anthony Rossomando und Andrew Wyatt für «A Star Is Born»

- Produktionsdesign: Hannah Beachler (Production Design) und Jay Hart (Set Decoration) für «Black Panther»

- Tonschnitt: Nina Hartstone und John Warhurst für «Bohemian Rhapsody»

- Tonmischung: Paul Massey, Tim Cavagin und John Casali für «Bohemian Rhapsody»

- Visuelle Effekte: Paul Lambert, Ian Hunter, Tristan Myles und J.D. Schwalm für «First Man - Aufbruch zum Mond»

- Animationsfilm: «Spider-Man: A New Universe» von Bob Persichetti, Peter Ramsey und Rodney Rothman

- Animations-Kurzfilm: «Bao» von Domee Shi

- Dokumentarfilm: «Free Solo» von Jimmy Chin und Elizabeth Chai Vasarhelyi

- Dokumentar-Kurzfilm: «Period. End of Sentence.» von Rayka Zehtabchi

- Make-up/Frisur: Greg Cannom, Kate Biscoe und Patricia Dehaney für «Vice»

- Kostümdesign: Ruth Carter für «Black Panther»

- Kurzfilm: «Skin» von Guy Nattiv

Stars und Sternchen auf dem roten Teppich

Lady Gaga (Bild: Jordan Strauss/Invision/AP)
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Yalitza Aparicio. (Bild: Jordan Strauss/Invision/AP)
Emilia Clarke. (Bild: Jordan Strauss/Invision/AP)
Spike Lee. (Bild: Jordan Strauss/Invision/AP)
Glenn Close. (Bild: Richard Shotwell/Invision/AP)
Melissa McCarthy. (Bild: Richard Shotwell/Invision/AP)
Charlize Theron. (Bild: Jordan Strauss/Invision/AP)
Helen Mirren. (Bild: Jordan Strauss/Invision/AP)
Tina Fey. (Bild: Richard Shotwell/Invision/AP)
Amy Adams. (Bild: Richard Shotwell/Invision/AP)
Jennifer Lopez. (Bild: Richard Shotwell/Invision/AP)
Sarah Paulson. (Bild: Richard Shotwell/Invision/AP)
Emma Stone. (Bild: Richard Shotwell/Invision/AP)
Amatus Sami-Karim und Mahershala Ali. (Bild: Richard Shotwell/Invision/AP)

Lady Gaga (Bild: Jordan Strauss/Invision/AP)