Opernhaus Zürich
Abrupter Abgang des Zürcher Operndirektors – interne Mitteilung gibt Rätsel auf

Erst gab es ein Verfahren gegen den Operndirektor wegen Machtmissbrauch, nun verlässt er Zürich: Das Opernhaus Zürich beunruhigt die Opernszene.

Christian Berzins
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Kam es im Opernhaus Zürich zu einem Machtmissbrauch?

Kam es im Opernhaus Zürich zu einem Machtmissbrauch?

Keystone

Das Opernhaus Zürich, das internationalste und mit 250000 Gästen das meistbesuchte Opernhaus der Schweiz, beunruhigt dieser Tage die Klassikwelt mit einer rätselhaften Nachricht: Der russische Operndirektor Michael Fichtenholz, 1978 geboren, verlässt das Haus per Ende der laufenden Saison 2020/2021. Das geht aus einer internen Information des Opernhauses an die Mitarbeitenden hervor, die CH Media vorliegt.

Eigenartig bei diesem Abgang ist die Tatsache, dass Fichtenholz die Direktionsstelle vorzeitig abgibt. Seine Vorgängerin nutzte die Stelle, um die Karriereleiter einen grossen Schritt hochzusteigen und Operndirektorin in Amsterdam zu werden. Eigenartig ist aber vor allem auch, dass es im Vorfeld ein internes Verfahren gegen Fichtenholz gegeben hat. Davon ist in der Mitteilung an die Mitarbeitenden nicht die Rede..

Operndirektor in Zürich bis Ende Saison: Michael Fichtenholz.

Operndirektor in Zürich bis Ende Saison: Michael Fichtenholz.

pd

Auf Anfrage, ob der überraschende Abgang mit der durchgeführten Untersuchung wegen Machtmissbrauchs gegenüber Mitgliedern des Internationalen Opernstudios zu tun habe, antwortete Intendant Andreas Homoki gestern Mittwoch: «Das Opernhaus Zürich hat bereits im August 2018 eine Weisung erlassen, welche den Umgang mit Vorwürfen in Bezug auf Belästigung und Machtmissbrauch regelt.

Die Abklärungen erfolgen in solchen Fällen durch eine externe spezialisierte Fachstelle. Allen beteiligten Personen wird in diesem Verfahren Vertraulichkeit zugesichert. Ein solcher Prozess wurde auch in Bezug auf Vorwürfe gegen Herrn Fichtenholz verfolgt. Das Opernhaus Zürich hat ohne Verzug nach Kenntnis der Vorwürfe Abklärungen eingeleitet und die externe Fachstelle hinzugezogen.

Über Inhalt und Ergebnis dieser Abklärungen wurden gemäss Richtlinien die Beteiligten informiert. Der Prozess wurde einvernehmlich beendet. Es wurden von keiner Seite her weitergehende Schritte, insbesondere keine rechtlichen, beantragt.»

Intendant am Opernhaus Zürich und Vorgesetzter von Fichtenholz: Andreas Homoki.

Intendant am Opernhaus Zürich und Vorgesetzter von Fichtenholz: Andreas Homoki.

Walter Bieri / KEYSTONE

Zwischen den Beteiligten wurde Vertraulichkeit verabredet. Homoki bittet um Verständnis, dass das Opernhaus zum Schutz der Personen keine weiteren Auskünfte erteilen kann.

In der Mitteilung vom Dienstag wird Fichtenholz gedankt für seine kreativen Ideen in der schwierigen Zeit der Pandemie, und schliesslich heisst es: «Wir bedauern sehr, dass Michael sich vom Opernhaus verabschiedet, doch wir unterstützen seine künstlerischen Bestrebungen und wünschen ihm alles Gute für die Zukunft.

Bis zum Ende dieser Spielzeit bleibt Fichtenholz für alle laufenden Aufgaben und für die weitere Planung zuständig. Danach möchte sich Fichtenholz, laut interner Opernhaus-Mitteilung, nach 12 Jahren in führenden Positionen an internationalen Opernhäusern in Russland, Deutschland und in der Schweiz ab Herbst 2021 neuen künstlerischen Aufgaben widmen, unter anderem dem internationalen Consulting.

Das ist kein einfacher Schritt, tritt er doch in Zeiten der Corona-Pandemie hinaus aus einer subventionsgeschützten Werkstatt (das Opernhaus Zürich erhält rund 80 Millionen Subventionen) in den freien Markt.