Stadtcasino-Umbau
Weniger Zuschauer: Die Klassikfans fürchten sich vor dem Kleinbasel

Wegen des Umbaus des Stadtcasinos mussten die Klassik-Veranstalter ins Exil. Die erste Saison der auswärtigen Konzerte ist überstanden – mit unterschiedlichem Fazit.

Anja Wernicke
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Das Sinfonieorchester Basel im Musical-Theater: Ein Teil des Stammpublikums scheut den Weg ins Kleinbasel. Benno Hunziker/zvg

Das Sinfonieorchester Basel im Musical-Theater: Ein Teil des Stammpublikums scheut den Weg ins Kleinbasel. Benno Hunziker/zvg

Benno Hunziker

Was haben die grossen Klassik-Veranstalter der Basler Szene vor dem Umbau des Stadtcasinos gezittert. Ob das Publikum den Wechsel mitmacht? Ob das Musical-Theater überhaupt geeignet ist? Nun ist die erste Saison im Exil überstanden und hat einige schöne Blüten zum Vorschein gebracht.

So scheint am Ende weniger die Akustik ein Problem zu sein als der Standort selbst. Der abendliche Gang ins Kleinbasel macht offenbar einigen treuen Abonnenten der älteren Generation Angst. Frei nach dem Motto «In Kleinbasel ist es nachts dunkler als anderswo» blieben vor allem die Besucher der AMG-Konzerte (Allgemeine Musikgesellschaft) weg.

Nur halb gefüllte Säle haben dazu geführt, dass das Angebot für die nächste Saison reduziert wurde. Nur noch fünf Solistenabende statt zehn und nur noch drei World-Orchestra-Konzerte statt üblicherweise fünf sind für die nächste Saison geplant.

Angetan von der Akustik

Die 50 neuen Parkplätze vis-à-vis vom Eingang des Musical-Theaters, die seit Dezember zur Verfügung stehen, hätten die Situation entschärft, erklärt der Geschäftsführer der Casino-Gesellschaft Basel, Thomas Koeb. Er zieht ein positives Fazit. Acht Monate pro Jahr hat er das Musical-Theater als Ausweichspielstätte gemietet. Die restliche Zeit wird weiterhin von Freddy Burger mit Musicals bespielt.

Die anfänglichen Bedenken gegenüber der Akustik haben sich nach Koebs Ansicht nicht bewahrheitet. Viele Künstler seien sogar angetan von der Akustik. Er erklärt weiter: «Das Ambiente ist natürlich nicht das gleiche wie im Stadtcasino, und manche Besucher haben Mühe, sich umzugewöhnen.

Die bessere Sicht durch das schräg ansteigende Parkett sowie die grosszügigen Foyers werden jedoch von vielen Besuchern gelobt, und gerade jetzt, in den heissen Tagen, ist das Klima um einiges angenehmer als im Stadtcasino. Insgesamt bin ich mit der Belegung sehr zufrieden», so Koeb.

Unterhaltung lief gut

«Besonders im Unterhaltungsbereich wurden unsere Erwartungen übertroffen. Veranstalter wie Act Entertainment, Domino Event oder Showfactory, die im Stadtcasino nicht so häufig zu Gast waren, kommen nun mehr zum Zuge. Insgesamt lässt sich sagen, je konservativer das Publikum, je mehr Mühe haben die Veranstalter.»

Daran soll sich in der nächsten Spielzeit laut dem Leiter der Allgemeinen Musikgesellschaft, Thomas Jung, etwas ändern. Ein Shuttle-Service soll diejenigen Besucher, denen die Umgewöhnung Mühe bereitet, direkt beim Stadtcasino abholen und nach dem Konzert wieder zurückbringen. Besonders durch den Rücktransport erhofft sich Jung einige Effekte: «Der Heimweg wird dadurch nicht nur schneller und gefühlsmässig sicherer, auch die Strasse hinter dem Musical-Theater, wo die Busse abfahren, wird dadurch belebter wirken und weniger unheimlich.»

Generell bewertet er das Musical-Theater als positive Alternative: «Man kann es nie allen Recht machen. Es gibt immer Enttäuschte. Viele Städte wären froh, einen solchen Saal zu haben, der bei uns nur Provisorium ist.» Mit der Auslastung ist Jung dagegen gar nicht zufrieden. Einen Rückgang bei den Abos habe er einkalkuliert, aber die Einzelkarten hätten sich unter den Erwartungen verkauft. Man habe jedoch mit einem Defizit budgetiert.

Einzelne Konzerte mit Klassik-Pop-Sternchen wie David Garrett seien trotzdem ausverkauft gewesen. Aber das typische Klassik-Publikum habe die Hemmschwelle nur zögerlich überwunden. Jung erklärt: «Gewisse Leute gehen partout nicht ins Kleinbasel. Aber das Quartier hat vieles zu bieten. Abends hat es dunklere Ecken, aber die gibt es auch in der Altstadt.»

Thematische Programme

Ebenso wie die Allgemeine Musikgesellschaft hat auch das Sinfonieorchester Basel seine Karten nicht nur auf das Musical-Theater gesetzt. Nach dem Motto «Wir bespielen die ganze Stadt» fanden die Sinfoniekonzerte auch im Münster und im Theater statt, ergänzt durch Kammermusik-Konzerte in verschiedenen Räumen wie dem Literaturhaus, dem Museum der Kulturen, dem «Trois Rois» und anderen.

Hans-Georg Hofmann hebt hervor: «Besonders die thematische Anpassung der Programme an den jeweiligen Ort wurde von unserem Publikum sehr gut angenommen. Das ‹Comedy-Meets-Classics-Programm› im Musical-Theater hat viele Besucher begeistert, nicht zuletzt deshalb, weil sie unser Orchester einmal tanzend auf der Bühne erleben konnten. Das war auch für das Orchester ein schönes Erlebnis.»

Auch für die nächste Spielzeit sind eher populärere Programme im Musical-Theater vorgesehen. Da werden unter anderen der amerikanische Punk-Organist Cameron Carpenter und das japanische Geigen-Wunderkind Midori zu Gast sein. Hans-Georg Hofmann zeigt sich mit einer Auslastung von 90 Prozent in der ersten Exil-Saison überaus zufrieden.

Sinfonieorchester Basel «Bruckner + Mozart». Heute Mittwoch und morgen Donnerstag, jeweils 19.30 Uhr, im Basler Münster.