Programm
«Stimmen»-Festival in Lörrach feiert 25-Jahr-Jubiläum

Der Chef des «Stimmen»-Festivals holt an einer Pressekonferenz zum Rundumschlag aus – dabei bieten doch Liam Gallagher und Robert Plant kaum Anlass für Verdruss.

Marc Krebs
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Zwei Briten, die jeder für sich mit seinen Songs eine Generation geprägt haben: Liam Gallagher (Oasis, links) und Robert Plant (Led Zeppelin, vorne Mitte).

Zwei Briten, die jeder für sich mit seinen Songs eine Generation geprägt haben: Liam Gallagher (Oasis, links) und Robert Plant (Led Zeppelin, vorne Mitte).

zvg

Man hatte eine gewöhnliche Programmkonferenz erwartet. Und wurde Zeuge eines flammenden Plädoyers, ja, eines Aufschreis. Markus Muffler, der Leiter des «Stimmen»-Festivals, liess am Dienstag im Lörracher Burghof seinem Unmut über die Entwicklung in der Musikbranche freien Lauf.

Er kritisierte die Austauschbarkeit der deutschen Popmusik, die mit industriell produzierten Songs den Markt überschwemme. «Für mich ein unerträglicher Zustand», klagte Muffler und liess durchblicken, weshalb man bei «Stimmen» im Unterschied zu anderen Stadt-Festivals wenig deutschsprachige Acts auf der Affiche vorfindet: Weil sie dem Festivalchef zu blöde sind.

«Max Giesinger und Co., das klingt doch einfach alles gleich», kritisierte Muffler und zitierte dabei Deutschlands Chefsatiriker Jan Böhmermann, der schon mit Verve über die «Echo»-Preisträger der Gegenwart, vermeintliche «Pop-Poeten» wie eben Max Giesinger, hergezogen ist.

Apropos Böhmermann: Der hat in seinem TV-Studio jeweils eine Live-Band, die durch bemerkenswerte Grooves und erstklassige Reime aufhorchen lässt: Dendemann. Und genau dieser Rapper bildet die eine grosse Ausnahme am diesjährigen «Stimmen»-Festival: Dendemann bringt deutschsprachigen Rap auf den Lörracher Marktplatz.

Die andere Ausnahme macht Muffler für eine Band, die «ebenfalls ein gutes Beispiel dafür ist, dass deutsche Musik Texte mit Grips bieten kann»: Seine Rede ist in diesem Fall von Käptn Peng und seiner Begleitband Die Tentakel von Delphi.

Doch nicht nur der Zustand deutschsprachiger Popmusik besorgte Muffler, sondern auch der hart umkämpfte Festivalmarkt. «Die Konkurrenzsituation hat sich verschärft.» Muffler verwies auf die Zunahme an Stadtfestivals in der Schweiz, keine Autostunde von Lörrach entfernt. Und er deutete auch an, dass man im Norden bedrängt werde.

In Freiburg im Breisgau lockt seit jeher das Zelt Musik Festival, kurz ZMF genannt, wo in diesem Jahr mit Jamie Cullum, Morcheeba oder The Hooters Acts auftreten, die man zuvor schon in Lörrach erleben konnte.

In diesem Jahr kommt ein weiteres Sommerfestival auf den Markt: Die Fürstenberg Freilichtbühne, die auf dem Messe-Gelände in Freiburg Grosskonzerte angekündigt hat: Bereits bestätigt sind so unterschiedliche Acts wie a-ha, die Kelly Family, die Toten Hosen oder Alt-J.

Diese Konkurrenz könne man nicht ignorieren. «Weshalb wir uns künstlerisch noch konsequenter und bewusster positionieren wollen. Wir suchen Künstler, die nicht bei jedem Stadtfest rumgereicht werden», so Muffler, «müssen aber zum Teil auch tiefer in die Tasche greifen.» Zum Beispiel für Robert Plant. Der Brite, der dem harten Bluesrock als Frontmann von Led Zeppelin eine unverkennbare Stimme verliehen hat, tritt im Sommer nur an zwei deutschen Festivals auf: Dresden und Lörrach. Mit dabei: seine Band The Sensational Space Shifters und ihr neues Album «Carry Fire».

Seiner Vorliebe für angelsächsische Popmusik bleibt Muffler auch bei anderen Grosskonzerten treu. Was Plant in den 70er-Jahren, war Liam Gallagher in den 90ern: Stimme einer Generation. Am 1. März gab er in Zürich ein gefeiertes Konzert, wers verpasst hat, kann auf dem Lörracher Marktplatz noch einmal eintauchen in die Britpop-Ära: Gallagher bettet in sein Soloprogramm mehrere Oasis-Klassiker ein. Mit den Editors präsentiert «Stimmen» einen weiteren Act aus dem Vereinigten Königreich, der in seiner Heimat Stadien füllt.

Konzerte in Riehen und Arlesheim

Auffallend ist, dass die Grenzüberschreitungen im geografischen Sinn an einer Hand abgezählt werden können. Im Elsass findet der Festival-Prolog statt: In St. Louis tritt die Australierin Sarah McKenzie auf. Eine andere Jazzsängerin, Indra Rios-Moore, tritt im Wenkenpark Riehen auf. Moment, nur ein Konzert in Riehen? Tatsächlich. Unter anderem aufgrund der terminlichen Enge in diesem Jahr (das Festival beginnt wegen der Fussball-WM erst Mitte Juli) habe es sich so ergeben, dass nur ein Konzert auf baselstädtischem Boden stattfinde, lautet die Begründung. Festgehalten wird aber an zwei «Stimmen»-Konzerten im Baselbiet.

Am 3. August wird auf dem Arlesheimer Domplatz Fat Freddy’s Drop auftreten, die Markus Muffler als beste Liveband Neuseelands anpreist. Tatsächlich eilt dieser Formation ein sehr guter Ruf voraus.

Die zweite Band, die in Arlesheim auftritt, hat in 25 Jahren ein Millionenpublikum erreicht: die New Power Generation. Ihr Name wurde stets im gleichen Atemzug mit Prince genannt, handelte es sich doch um die Begleitband des begnadeten Musikers aus Minneapolis. Nach seinem überraschenden Tod im April 2016 hat sich die Gruppe entschieden, ihren Bandleader mit einem Tributprogramm zu ehren.

Stimmen Festival 8. Juli bis 5. August. Programm und Tickets: www.stimmen.com