Rock
Status-Quo-Frontmann Francis Rossi: «Ich war ein lächerlicher Idiot»

49 Jahre nach der offiziellen Bandgründung wollen Status Quo nur noch akustisch auftreten. Ein Gespräch mit Frontmann Francis Rossi (67)

Steffen Rüth
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Francis Rossi (rechts). (Archiv)

Francis Rossi (rechts). (Archiv)

Keystone

Herr Rossi, sind Sie sicher, dass Schluss sein soll mit lautem Rock ’n’ Roll?

Francis Rossi: Ja, Stand jetzt lautet die Antwort: Ich bin mir sicher.

Und in zwei, drei Jahren steht ihr doch wieder auf der Matte?

Keine Ahnung, was in Zukunft passiert, aber wir haben diese Entscheidung nicht leichthin, mal eben so, getroffen. Wir sind alte Männer. Rick (Parfitt, Gitarrist und Co-Frontmann) hatte vor Jahren einen Herzinfarkt, bei mir kräuselt sich die Haut, der Nacken tut weh, das Fleisch hängt nach unten.

Warum tut ihr euch die Auftritte dann überhaupt noch an?

Erstens, um unsere Familien zu versorgen. Zweitens, weil es uns guttut. Wir mögen unsere Arbeit. In den vergangenen Jahren wechselten wir zwischen elektrisch verstärkten und akustischen Konzerten, die akustischen Auftritte werden wir auch weitermachen. Wir sind eine faule, genügsame Band geworden.

Wären Sie gerne noch mal 20?

Nein, überhaupt nicht. Ich mag den jungen Mann nicht, der ich war. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass jungen Männern, nachdem man ihr Sperma eingefroren hat, die Eier abgeschnitten gehören. Dann gäbe es viel weniger Stress auf der Welt.

Standen Ihnen Ihre Eier damals im Weg?

Ja. Ich war ein lächerlicher, verdammter Idiot. Mit Anfang 20 war ich total ätzend, ich war unreif und bis oben voll mit der Scheisse, die man als den «Rock-’n’-Roll-Lifestyle» bezeichnet. Alkohol, Kokain, Weiber, ich lebte das alles aus bis zum Exzess. Wir waren schon erfolgreich und konnten uns alles erlauben.

Gehört als Rockmusiker solch ein Verhalten nicht irgendwie zum Job?

Exakt. Das ist ja der Mist. Für die meisten jungen Leute ist es ein attraktives Freizeitverhalten, sich zuzudröhnen und Sex zu haben. Im Büro kannst du so was nicht bringen. Rockmusiker hingegen werden für dieses Arschlochbenehmen auch noch gefeiert.

Sie stehen auf der Bühne, seit Sie 13 sind. Ist Rock ’n’ Roll eine Sucht?

Ja! Es ist nie genug. Du hast einen Hit, dann willst du den nächsten, dann den nächsten, und immer so weiter. Bei Konzerten ist es genauso. So funktioniert das menschliche Belohnungssystem. Wegen unseres Ehrgeizes liefen wir nie Gefahr, ein One Hit Wonder zu werden.

Man darf gespannt sein, wie das mit dem Kürzertreten funktioniert.

Wir setzen darauf, dass das Alter uns die Entscheidung leicht macht. Ich kann mir das Ende aber nicht richtig ausmalen. Ich habe auch Angst vor diesem Moment.

Ihr habt einen unverwechselbaren Sound geschaffen. Ist es als Band wichtig, einmalig zu klingen?

Bei uns ist das aus Versehen passiert. Wir haben einfach an unserem Sound festgehalten. Viele meckern, dass wir seit hundert Jahren ein und denselben Song spielen. Aber guck dir AC/DC an. Die machen auch immer dasselbe, und sie sind die geilste, besonderste Band der Welt.

Zu AC/DC gehen mindestens drei Generationen von Rockfans. Blickt ihr auch bei euren Konzerten in junge Gesichter?

In das ein oder andere. Neulich kam ein Mädchen zu mir und sagte: «Ich bin hier, weil du mich so an meinen Vater erinnerst.»

Sie sind benannt nach Franz von Assisi, so wie der Papst. Lustig, was?

Ja. Und es geht noch lustiger: Mein Bruder hat im letzten Film von Sacha Baron Cohen sogar den Papst gespielt. Er sieht wirklich so aus wie Franziskus.

Letztes Konzert in der Schweiz Sa 15. Okt. Hallenstadion Zürich.
CD Status Quo: That’s Fact - Acoustic II (Earmusic/phonag). Erscheint am 21. Okt.