Jazz
Reduzierte Bratensauce: Das Album von Till Brönner und Dieter Ilg ist ein Leckerbissen

Seit einem Vierteljahrhundert schätzen sich die beiden Jazzgrössen Till Brönner (Trompete) und Dieter Ilg (Kontrabass). Endlich ist zusammengewachsen, was zusammengehört.

Steffen Rüth
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Dieter Ilg (l.) und Till Brönner: Zwei Geistesverwandte haben sich gefunden.

Dieter Ilg (l.) und Till Brönner: Zwei Geistesverwandte haben sich gefunden.

«Es geht uns um das Wechselspiel zwischen Virtuosität und Ruhe», erläutert der in Berlin und Los Angeles lebende Till Brönner (46), der seit etlichen Jahren einer der bekanntesten und vielseitigsten Jazzschaffenden Deutschlands ist. «Wir haben aus unseren Instrumenten alles rausgeholt, und doch ist das Konzept ein reduziertes, ja nacktes.»

Man kleistere musikalisch nichts zu, im Gegenteil. «Unser Album lässt sich vergleichen mit einer Bratensauce, die schon seit Stunden auf dem Herd steht und zu zwei Dritteln eingekocht ist.» Ein echter Leckerbissen also, den die beiden da zusammen angerührt haben.

Unterstützt von Blauburgunder

Dieter Ilg (56) stammt aus Offenburg und ist seit langem in Freiburg beheimatet. Die beiden Meister ihres Fachs kennen und mögen sich seit 25 Jahren, immer wieder kreuzten sich die Wege auch auf der Bühne. Sie sind Freunde und ihre undogmatische, scheuklappenbefreite, neugierige Sichtweise auf den Jazz sei, so Brönner, sehr ähnlich bis identisch.

Im vergangenen Sommer hat es sich ergeben, dass Brönner und Ilg zusammen im bayerischen Luxus- und Kulturhotel «Schloss Elmau» in Krün gastierten und gleich an Ort und Stelle relativ spontan und mit Unterstützung eines 2009er Grauburgunders «Nightfall» aufnahmen. Die Arbeit ist den beiden Männern eben nicht wie Arbeit vorgekommen, sondern «wie ein kreativer Spaziergang, bei dem die Ideen aus uns heraussprudelten».

Die Auswahl der Stücke ist eine wilde Mischung: Eigenkompositionen, Klassikinterpretationen von Johann Sebastian Bach und Melchior Vulpius, Jazzstücke von Ornette Coleman oder Jerome Kern, aber auch eine originelle Neubearbeitung von «Eleanor Rigby» der Beatles sowie – ja, tatsächlich – «Scream & Shout», das Rapper will.i.am und Britney Spears im Original interpretierten. Die im Original tendenziell nervtötende Nummer klingt in der Bearbeitung der beiden Meister richtig schön.

«Uns hat es Spass gemacht, Stücke einzuspielen, die man im Zusammenhang mit uns beiden vielleicht erstmal schräg findet», so Dieter Ilg. «Im Original ist der Groove dieses Stückes wirklich bärenstark. Auf diesem rhythmischen Fundament lassen wir unsere Instrumente singen. Die Töne, die wir spielen, sind der Text.»

Das Werk klingt denn auch wie aus einem Guss. Ohne Brönner zu nahe treten zu wollen – man hört ihm noch lieber zu, wenn er nicht singt (so wie auf seinem vorherigen Crooner-Album «The Good Life»), sondern sich ganz auf die Intimität mit seinem Instrument einlässt. Zumal die Achse aus Trompete und Kontrabass, so sehen es Brönner und Ilg unisono, eine absolut zentrale ist im Jazz.

Zusammen seien die zwei Instrumente in der Lage, ein Gefühl zu vermitteln, als ob noch weitere Musiker mitspielten. «Dadurch, dass nur wir zwei spielen, haben wir eine noch grössere Freiheit, das vielfältige Repertoire furchtlos zu präsentieren», sagt der Trompeter.

Till Brönner & Dieter Ilg: Nightfall (Masterworks). Live: 30.1. offbeat Basel, Martinskirche; 31.1. Zürich Neumünster.