Monotales sind zurück und klingen auf «Kiss The Money And Run» entspannt und gereift. Eine Band hat sich gefunden.
«Kiss The Money And Run» ist «nur» so lange wie eine Vinyl-Schallplatte, aber genug, um die Essenz zu spüren. Es ist eine bewusste Beschränkung, wie Sänger Mauro Guarise sagt. «Ich höre gern Alben mit neun bis zehn Songs.» Mehr bringt meistens keinen Mehrwert, vor allem in einem Genre, das nicht von improvisatorischen Interaktionen lebt, sondern von einer Palette an Roots getünchten Rock-Songs.
Die zehn neuen Songs der Luzerner Band rollen flott und gekonnt. Man freut sich am herzhaft-rauen Flow von Guarises Stimme. Um dann beim wiederholten Hören festzustellen, dass sich die Songs unspektakulär einzubrennen beginnen und vertrauter werden. Die Band spielt entspannt, es hat Weite im Sound und Raum zwischen den Klängen und Silben. Man könnte das als Gelassenheit einer Band interpretieren, die sich gefunden hat, oder als Vertrauen, einen Song nicht unnötig mit Einfällen und Gimmicks beladen zu müssen. Dahinter wirkte auch die Hand von Produzent Marco Jencarelli, in dessen Studio das Album aufgenommen und gemischt wurde.
Es habe ihn nach dem letzten Album begeistert, wie die Band auf der Bühne immer besser geworden sei, sagt Guarise. «Deshalb wollten wir für das neue Album dieses Live-Feeling möglichst auch ins Studio mitnehmen.» Die Band spielte die Songs praktisch live ein.
Musikalisch bewegen sich die Monotales weiterhin im klassischen Idiom von Americana, Country und Singer Songwriter Rock. Hier graben sie tiefer und werden leichter. Den besonderen Thrill verleihen die individuellen Inputs und Spielweisen der Musiker, die ein Feeling für das Genre haben. Zur Grundfärbung gehört der Harmoniegesang, in dem das alte Sehnen blüht, dieses emotionale Paket aus Wehmut und Heiterkeit, Geborgenheit und Befreiung.
Auf «Violet New Moon» blitzen sanft psychedelische Stimmungen durch, die auf dem Track «The Night That Roy Orbison Died» noch dunkler ausgelebt werden. Er ist mit seinen entrückenden Stimmungen musikalisch vielleicht der interessanteste Song. «Zunächst war das ein einfacher Folksong mit akustischer Gitarre, dann hat ihn die Band improvisatorisch erweitert. Für mich war das ein riesiger Schritt vorwärts, wie wir als Band funktionieren können.»
Die vor zwei Jahren mit Urs Müller (Gitarre) und Arno Troxler (Drums) erneuerte Band ist definitiv zusammengewachsen. Guarise brachte die meisten Songs mit. Manchmal waren es nur Skizzen. Andere lebten von einer klaren Vorstellung, die dann unter Umständen von der Band wieder anders akzentuiert oder transformiert wurde.
Statt in den Texten Klischees zwischen Nashville und Texas zu reproduzieren, nimmt Guarise Bezug auf Erlebnisse und Stimmungen seines Alltags und den Erfahrungen in unserer scheinbar heilen Welt. Manchmal spricht ein Mensch, der Familie hat und den durchgetakteten Verpflichtungen der modernen Arbeitswelt ausgeliefert ist: «Moloch in the morning / Moloch late at night / Moloch every second of existence / Ain’t ever satisfied» («Run Run Run»).
Zu den Highlights zählt der Schlusssong «Revolution», in dem Guarise lakonisch feststellt, wie vor lauter Smartphone und Social Media die handfeste Revolution vor der Haustüre verpasst wird oder gar nicht erst realisiert werden kann. «I’m too wired for the revolution / I’m too wired for the revolution / I’m too tired for the revolution / Don’t wake me up.» Wann, Baby, kommt der westliche Frühling?
Monotales Kiss The Money And Run (Irascible). 31.10. Luzern Schüür; 24.11. Zürich Helsinki; 17.1. 2019 Solothurn Altes Spital.