Nicht kommerzielle Open Airs finden grossen Anklang im Aargau. Wichtig ist die familiäre Stimmung.
Das Openair Frauenfeld ist diesen Sommer vom amerikanischen Unterhaltungsgiganten «live nation» aufgekauft worden. Andere grosse Festivals fürchten ebenfalls um ihre Unabhängigkeit. Es scheint, die grossen Open Airs verkaufen ihre Seele, um nicht in die roten Zahlen zu rutschen. Gleichzeitig bleibt der ideologische Geist bei den kleinen Festivalbetreibern erhalten, ein Festival mit Musik für alle und ohne Gewinn zu veranstalten. Und doch, ein nicht kommerzielles Festival ist nur möglich mit Spendengeldern, Förderbeträgen vom Kanton und ganz viel Freiwilligenarbeit.
Im Aargau finden diesen Sommer 36 Open Airs statt. Für viele der Festivalbetreiber steht der Gewinn nicht im Vordergrund. Um Erfahrungen auszutauschen und Material und Infrastruktur zu teilen, treffen sich zehn nicht kommerzielle Festivals zweimal jährlich zu einem Festival Forum. Darunter sind das Zamba Loca in Wohlen, das Festival des Arcs in Baden und das kleinLaut Festival in Riniken. «Im Aargau gibt es sehr viele kleine Festivals, da es kein klares Zentrum gibt», sagt Lukas Renckly, der das Forum koordiniert. «Die Menschen wollen, dass auch in ihrer eigenen Region das kulturelle Leben floriert, deshalb sind sie sehr konstruktiv.» Das Mutterschiff in Menziken sei ebenfalls durch ein Defizit an kulturellen Veranstaltungen entstanden, so der Mitbegründer Stefan Jablonski (die «Nordwestschweiz» berichtete).
Die kleinen Festivals sind anders als die grossen: «Alles ist mit viel Liebe selbst aufgebaut und kreativ gestaltet. Nicht wie bei kommerzialisierten Grossveranstaltungen, die sich oftmals mit charmelosen Bauten präsentieren», erklärt Lukas Renckly. Die Helfer und Besucher kommen zum grossen Teil aus der Region. Dazu zeigen sich die regionalen Unternehmen gerne an den Festivals, um bekannter zu werden. Grosses Engagement zeigt etwa der Platzeigentümer des Herzogareals in Menziken, wo das Mutterschiff stattfindet. Er stellt den Betreibern Material und Maschinen seines Baugeschäfts zur Verfügung.
Ein alternatives Festival mit selbst gebauten Bühnen, unbekannten Künstlern und Bio-Bier – das klingt ja sehr nach Hipster-Fest. «Die kleinen Festivals sind sehr durchmischt, vom 15-jährigen Teenager bis zum Gemeinderat oder Bauunternehmer sind alle dabei», kontert Renckly. Die Stimmung ist oft auch sehr familiär. Es ist meistens nicht das Ziel, gross zu wachsen. Es geht darum, gemeinsam etwas aufzubauen und Plausch zu haben. Neben der Gemeinschaft ist auch der künstlerische Aspekt wichtig. Für unbekannte Musiker sind diese Festivals oft die erste Bühne. «An Open Airs können sich junge Bands mit solchen vernetzen, die mehr Erfahrung haben», bestätigt Renckly. Auch Kulturförderstellen würden durch die Festivals auf unbekannte Talente aufmerksam.
Die kleinen, aber feinen Festivals blühen also stetig vor sich hin, während die grossen bald ausverkauft sind.