Interview
Bryan Adams: «Vielleicht überrasche ich mich selbst und schmeisse eine Party»

Bryan Adams ist kein Mann der Schnörkel oder Verzierungen. Direkt, klar kommt der Kanadier auf den zwölf neuen Stücken zum Punkt. Im Interview gibt er Auskunft über sein neues Album, das Älterwerden und das Musical «Pretty Woman».

Steffen Rüth
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Bryan Adams wird am 5. November 2019 sechzig: Altersmüdigkeit kennt der Kanadier nicht.
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Bryan Adams während eines Konzerts in Karlsruhe 2015.
2012 wurde er mit 53 Jahren Vater.
Bryan Adams am Snowpenair 2004 auf der Kleinen Scheidegg.
Bryan Adams hat in der Fotografie eine Leidenschaft entdeckt.
Bryan Adams im Video zu «Summer of 69» (1985).

Bryan Adams wird am 5. November 2019 sechzig: Altersmüdigkeit kennt der Kanadier nicht.

Bruce Glikas/Getty Images

Ob Up-Tempo-Rocker («Part Friday Night, Part Sunday Morning»), Soul-Ballade («Talk To Me») oder Coversong («Whiskey In The Jar») – der 59-jährige Ehemann und Vater von zwei Mädchen singt mit seiner bewährten Stimme alles souverän und beseelt, und auch eine Jennifer Lopez bringt ihn nicht aus dem poprockmelodischen Gesamtkonzept. Im Spätsommer kommt das Musical «Pretty Woman» nach Hamburg, dessen Musik er komponiert hat.

Ihr neues Album heisst «Shine A Light». An wen richten Sie die Botschaft?

Bryan Adams: An mich selbst. Aber ich schrieb das Lied in der Zeit, in der mein Vater von uns ging, insofern denke ich beim Singen jetzt immer an ihn.

War Ihnen die positive Botschaft wichtig?

Es freut mich, dass Sie den Song so empfinden. Ja, das ist mir sogar sehr wichtig. Gerade in diesen turbulenten Zeiten.

Ed Sheeran hat mit Ihnen an «Shine A Light» geschrieben. Wo haben Sie ihn getroffen, und wie lief die Zusammenarbeit ab?

Wir waren beide gleichzeitig in Irland, um Konzerte zu spielen. Ich habe ihn nach seiner Show besucht, wir sind was trinken gegangen und noch in dieser Nacht zu Freunden geworden. Die Songidee habe ich ihm ein paar Wochen später geschickt. Er war begeistert und hat mir geholfen, «Shine A Light» zu vollenden.

Jennifer Lopez singt im Duett «That’s How Strong Our Love Is». Wie kam das Stück zustande?

Unspektakulär. Ich schrieb ihrem Manager ein Mail, weil ich fand, der Song würde für uns beide passen.

Und wer hat Sie zur Ballade «Talk To Me» inspiriert?

Meine beiden Töchter. Ich hatte mich gefragt, was sie wohl sagen würden, sobald sie richtig sprechen können, und mittlerweile stecken die zwei mich bei unseren Unterhaltungen locker in die Tasche. Die beiden sind jetzt sechs und fast acht Jahre alt. Ich finde es sehr schön, dass sie immer zu mir kommen und mir erzählen, was sie auf dem Herzen haben.

Auf «Shine A Light» ist wieder so ziemlich alles drauf – Rock, Pop, Soul, Country, Rockabilly. Wollten Sie das Gesamtbild von Bryan Adams malen?

Ach! Seien wir ehrlich. Alle meine Alben klingen doch irgendwie ganz schön ähnlich. Es ist meine Stimme, die den Laden zusammenhält. Man könnte jeden Song vom neuen Album nehmen und ihn auf «Reckless» packen, das 1984 rauskam.

Ist «Don’t Look Back» ein persönlicher Abgesang an jede Form von Nostalgie?

Ja. Ich halte rein gar nichts davon, in der Vergangenheit zu leben. Was bringt mir das? Null. Ich denke nicht darüber nach, was ich getan habe, sondern darüber, was ich tun werde und tun möchte.

Was möchten Sie denn am 5. November 2019 tun?

Nun denn. Mein Sechzigster. Wer weiss, vielleicht überrasche ich mich noch selbst und schmeisse eine Party. Aber mindestens wird es ein mexikanisches Dinner geben, selbstverständlich rein vegan.

Schaffen Sie es, die Verbindung zwischen sechzig Lebensjahren und Ihnen selbst herzustellen?

Nicht besonders gut, nein. Aber ich komme damit klar.

Mit Mitte dreissig haben Sie behauptet, «18 Til I Die» zu sein, also 18 bis zum Tod. Passt dieser Vorsatz noch zu Ihrem Leben?

Ja. «18 Til I Die» ist eine Metapher für mein Leben. Wer will denn schon alt werden und sich auch noch wie ein alter Mensch benehmen. Ich ganz bestimmt nicht. Danke schön (auf Deutsch).

Sie präsentieren sich auf dem Albumcover mit nackter Brust. Macht es Ihnen Spass, der Welt zu zeigen, wie schlank und fit Sie aussehen?

So habe ich das bis jetzt gar nicht betrachtet, aber ja, wo Sie es nun erwähnen: Doch, doch, ich mag es, mich zu präsentieren. Ich glaube, ich bin ganz vorzeigbar. Und, der ernste Teil der Antwort: Vielleicht kann ich mit meinem Äusseren ein bisschen Werbung für gesunden Lebenswandel machen. Langsam verschiebt sich in der Gesellschaft ja einiges zum Besseren und immer mehr Menschen erkennen, wie gefährlich Alkohol, Fleisch und Fisch für uns sind.

Was tun Sie, abgesehen von veganer Ernährung, für Ihren Körper?

Ich versuche, jeden Tag meine Gymnastik zu machen. Stretching und so, bisschen Ausdauer dazu.

Sie haben unlängst in Berlin Ihr Atelierhaus eröffnet. Wie läuft es?

Sehr gut. Zwei Künstlerateliers sind schon eingezogen, das Haus selbst ist wirklich ein schöner Ort.

Aktuell ist in Berlin in der Galerie «Camera Work» Ihre Ausstellung «Exposed» zu sehen. Welche Fotografie-Projekte stehen darüber hinaus für Sie an?

Ich werde dieses Jahr ein neues Buch mit Porträts veröffentlichen. Es heisst «Homeless». Ich zeige darin Menschen, die in London auf der Strasse leben.

Apropos London: Sie lebten jahrelang im Stadtteil Chelsea. Der Brexit ist eine seltsame Sache, oder? Erwarten Sie Chaos?

Sagen wir es so: Es sind interessante Zeiten, in denen wir leben. Ich habe Grossbritannien vor zwei Jahren verlassen, um in New York an dem Musical «Pretty Woman» zu arbeiten, und habe zurzeit keine Pläne, nach England zurückzukehren.

Sie haben Musik für das Musical «Pretty Woman» geschrieben, 20 Songs. Wie ist das zustande gekommen?

Ich war schon lange heiss auf diese Aufgabe, vor zehn Jahren schon hatte ich meine Fühler ausgestreckt. Als ich hörte, dass «Pretty Woman» nun tatsächlich für die Bühne umgesetzt werden sollte, bin ich bei den Produzenten vorstellig geworden und habe den Job bekommen.

Inwieweit unterscheidet sich das Songschreiben für ein Musical vom Musiktexten für Sie selbst?

Das Komponieren für «Pretty Woman» war eine wirklich besondere Erfahrung, ich würde es sofort wieder tun, selbst wenn es fürchterlich viel Arbeit war. Der Unterschied zu meinen eigenen Platten ist, dass man beim Musical für ein spezifisches Szenario schreibt, und das probiert man so lange, bis es passt und alle zufrieden sind. Und dann macht man weiter mit der nächsten Szene. Ein Knochenjob. Aber faszinierend.

«Pretty Woman» startet im September in Hamburg. Sind Sie aufgeregt?

Ich kann es kaum erwarten, unsere Songs auf Deutsch zu hören.

Waren Sie damals, als der Film herauskam, eigentlich auch in Julia Roberts verknallt?

Klar (lacht). Wer nicht?

Bryan Adams: «Shine A Light» ab 1. 3.

Diesen Bryan Adams wollten wir Ihnen natürlich nicht unterschlagen...