Blues Festival
Baden im Bann des Blues

Mit nationalen und internationalen Könnern ging in der Aargauer Kleinstadt ein weiterer Spitzenjahrgang zu Ende.

Marco Piazzalonga
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Kompromissloser, moderner Chicago Blues von Toronzo Cannon.

Kompromissloser, moderner Chicago Blues von Toronzo Cannon.

Andre Albrecht

Ein weiterer Spitzenjahrgang des Blues Festival Baden ist Geschichte. Gab es unter der Woche an den diversen Beizen-Konzerten, Warm-ups, Blues-Gottesdiensten und Breakfast-Gigs schon spannende Newcomer und Geheimtipps der nationalen und internationalen Bluesszene zu entdecken, so zündeten an den beiden Nordportal-Abenden diverse Gewinner von Grammy- und Blues Awards ein veritables Musikfeuerwerk.

Pascal Geiser, dem Swiss-Blues-Challenge-Sieger von 2016, und seiner Band war es vorbehalten, das Publikum gebührend einzustimmen. Der Sänger, Gitarrist und Mundharmonika-Spieler aus dem Niederamt zeigte sich in blendender Laune, fand sofort den Draht zum Publikum und unterhielt bestens mit einem abwechslungsreichen, auf Songs seines in Kalifornien eingespielten Debütalbums «Lucky Man» basierenden Programms. Mit dem Verzicht auf seinen langjährigen Bläsersatz und mit dem Beizug des neuen Schlagzeugers Lorenz Hunziker zeigte sich Pascal Geiser in Baden stil- und soundmässig erdiger, ja rockiger.

Toronzo Cannon, kurzfristig für den ausgefallenen Sonny Landreth ins Programm gerutscht, zelebrierte anschliessend die Art von kompromisslosem, modernem Chicago Blues, wie er im 21. Jahrhundert in den Clubs der Windy City gespielt wird. Der stark in der Tradition eines Luther Allison stehende Gitarrist liess als prägende Komponenten Funk, Soul und Rock in seine Musik einfliessen. In den Genuss der beiden wichtigsten Elemente des Blues – Spontanität und Improvisation – kam das begeisterte Nordportal-Publikum, als sich unverhofft die zwei für den folgenden Tag gebuchten Gitarristen Bob Margolin und Jimmy Vivino zu Cannon auf die Bühne gesellten, zudem Pascal Geiser an der Blues Harp dazuriefen und für ein veritables Mississippi-Juke-Joint-Feeling besorgt waren. Da spielte man sich solistisch und gesanglich die Bälle zu, neckte sich mit kleinen musikalischen Anzüglichkeiten, inspirierte sich gegenseitig und genoss sichtlich den Moment ungezügelter Spielfreude.

Blues-Idole gefeiert

Vivino, seines Zeichens langjähriger Musical Director bei Conan O’Briens Late Night Show, und der mit mehreren Blues Awards ausgezeichnete Margolin, einst rechte Hand des legendären Muddy Waters, überzeugten tags darauf auch mit ihrer «Guitar Conspiracy» unter dem Motto «2 Guitars – 200 Stories». Die beiden «Alten Hasen», sensibel begleitet von einer eigens eingeflogenen italienischen Rhythmusgruppe, feierten in ihrem packenden Set ihre Idole und musikalischen Lehrmeister und interpretierten mit viel Pep und Charme ausgewählte Klassiker der Bluesgeschichte von Elmore James über Howlin’ Wolf und Muddy Waters bis zu Bo Diddley. Speziell beeindruckend, mit welcher Leichtigkeit Vivino und Margolin es verstanden, gegenseitig auf ihre Ideen einzugehen und ihre Gitarrenparts miteinander zu verweben.

Seine Solokarriere betreibt er quasi im Nebenjob: Tom Hambridge, dessen Palmarès drei Grammys und diverse Blues Awards zieren, machte sich seinen Namen vorwiegend als Produzent, Schlagzeuger oder Songwriter für Bluesstars wie Buddy Guy, Susan Tedeschi, Johnny Winter, B.B. King, Joe Bonamassa, Keb’ Mo’ oder Delbert McClinton. Dass der sympathische und unkomplizierte Blondschopf aber problemlos auch in eigener Regie einen Saal zum Kochen bringen kann, bewies er in Baden auf eindrücklichste Weise. Für einmal verzichtete Hambridge grösstenteils aufs Schlagzeugspiel und genoss sichtlich den Fakt, in der Frontreihe stehen und singen zu können. Zusammen mit seiner routinierten Band «The Rattlesnakes» lud der 58-Jährige zu einer faszinierenden musikalischen Reise durch sein eindrückliches Songwriter-Œuvre. Dabei kamen alle Facetten seiner Einflüsse aus Blues, Rock ’n’ Roll, Country und Soul zum Tragen. Als Sahnehäubchen dieses denkwürdigen Auftritts schliesslich liess es sich Tom Hambridge nicht nehmen, sowohl Bob Margolin und Jimmy Vivino als auch seine beiden gesanglich höchst begabten Töchter Sarah und Rachel auf die Bühne zu bitten.