Paco de Lucía, Spaniens bester Gitarrist, ist tot. Mit der Musik befreite er sich aus elenden Verhältnissen. Dem Flamenco gab er eine moderne Prägung, bezog auch Jazz und Klassik ein.
Nördlich der Pyrenäen war der Flamenco nur etwas für Eingeweihte. Bis Paco de Lucía kam. Der Meister an der Flamenco-Gitarre hat die emotionale, für mitteleuropäische Ohren stets etwas fremd klingende Musik seiner andalusischen Heimat weltweit bekannt und beliebt gemacht.
Nicht allein, aber Paco de Lucía wurde zum Namen und zum wettergegerbten, zerfurchten Gesicht des Flamencos. Gestern brach er am Strand vor seinem Haus im mexikanischen Cancún zusammen. Herzinfarkt. Den Transport ins örtliche Krankenhaus überlebte er nicht.
Paco wurde am 21. Dezember 1947 in Algeciras bei Cádiz in Andalusien als Francisco Sánchez Gómez geboren. Seine erste Gitarre bekam er von seinem Vater Antonio als kleiner Junge geschenkt. «Als einzige Chance, um zu überleben, weil wir hungerten», bekannte der Gitarrenvirtuose in seiner Biographie.
Er übte, bis die Finger bluteten, bis zu zwölf Stunden am Tag. Sein Vater meldete ihn später sogar von der Schule ab, damit nichts den Traum von der grossen Flamenco-Karriere stören konnte. Den Künstlernamen hat er von seiner Mutter Lucía, einer Portugiesin. Paco, die übliche Abkürzung für Francisco, war der Sohn von Lucía – de Lucía auf spanisch.
Mit dem Namen wurde er weltberühmt. Mit sieben Jahren begann er, Gitarre zu spielen. Mit zwölf trat er mit seinem Bruder Pepe als «Los Chiquitos» von Algeciras auf. Dann triumphierte er bei einem Musikwettbewerb in Jerez, 1961 nahm er die erste Platte auf.
1960 nahm ihn der bekannte Flamencotänzer José Greco als dritten Gitarristen in seine Balletttruppe auf. Paco durfte mit auf eine Tour durch die USA. Er lernte die Gitarristen Sabicas und Mario Escudero kennen, die ihn ermutigten, seine eigene Musik zu schreiben. Mit 17 Jahren trat er in eine Musikergruppe ein, die von den beiden deutschen Konzertveranstaltern Fritz Rau und Horst Lippmann finanziert wurde: «Festival Flamenco Gitano». Die Tournée führte durch ganz Europa.
Seinen ersten grossen Erfolg mit eigener Musik hatte Paco, der Sohn von Lucía, mit «Entre Dos Aguas». Der Titel «zwischen zwei Wassern» war eine Hommage an seinen Heimatort, der nahe Gibraltar zwischen Atlantik und Mittelmeer liegt. Paco eilte von Erfolg zu Erfolg, auch als Duo mit El Camarón. 1981 gründete er sein Sextett und tourte um die Welt. Er begann Musikpreise zu sammeln, wie beim für Kenner wohl bedeutendsten Flamenco-Festival dem Cante de Las Minas in La Union bei Murcia 1975.
Als er sich mit dem US-amerikanischen Jazz-Gitarristen Al Di Meola und dem britischen Rock-Gitarristen John McLaughlin zusammentat und 1981 das inzwischen legendäre Live-Album «Friday Night in San Francisco» produzierte, wurde er in der internationalen Musikszene zur Kultfigur. Diese Aufnahme gilt bis heute als eines der besten Live-Alben mit Akustikgitarren.
Der Flamenco Paco de Lucías ist keine Mischform der Originalmusik mit anderen Richtungen. Er hat den Flamenco geöffnet für Elemente des Jazz, der klassischen Musik, sogar des Bossa Nova aus Brasilien. Aber es blieb immer Flamenco, unverkennbar, manchmal etwas rauh, dann fast un-andalusisch leicht, sogar verspielt.