In seiner neuen Werkserie porträtiert der Gossauer Kunstmalers Benno Meier berühmte Persönlichkeiten - etwas schräg und ohne sie zu glorifizieren. Wir haben ihn auf einen Kaffee getroffen.
Franz Kafka sieht aus, als wäre er gerade dabei, sich wie seine Romanfigur Gregor Samsa in einen Käfer zu verwandeln. Sein Gesicht ist seltsam verzogen. «Ich brauche ein gewisses Mass an Verzerrung», sagt Benno Meier. Der 46-jährige Gossauer weiss, dass dies ein schmaler Grat ist und ein Gemälde dadurch auch zerfallen oder die Spannung verlieren kann.
Das Schiefe, Schräge ist das Markenzeichen des Kunstmalers, der in einem 80-Prozent-Pensum als Sozialarbeiter arbeitet. Er bezeichnet sich als Neo-Expressionisten; mit seinen ausdrucksstarken Gemälden bewegt er sich zwischen Bad Painting und Outsider Art. An zwei Wochenenden zeigte Benno Meier seine neue Porträtserie im St. Galler Projektraum 4½. Eine Kaffeemaschine gehört dort nicht mit zur Ausstattung. Der Kaffee stammt deshalb aus dem nahen Restaurant. Künstler trinkt ihn ohne Zucker und mit kalter Milch. Er schmeckt ihm trotz des Pappbechers.
Es ist Benno Meiers siebte Ausstellung. Nach Bergen, Blumen, Bäumen und Vögeln wagte der Autodidakt sich erstmals an Menschen. Es sind eigenwillige Interpretationen von Fotografien berühmter Persönlichkeiten, die er in alten «Du»-Zeitschriften oder im Internet gefunden hat – von Thomas Mann über Sitting Bull bis zu Simone de Beauvoir. Wie der Künstler heiter anmerkt, sehe die Sängerin Adele bei ihm «ein bisschen magersüchtig» aus; und Jesus, der gleich daneben hängt, blicke etwas dümmlich. Er brauche manchmal Mut, etwas stehenzulassen.
Als Heldengalerie möchte Benno Meier seine Bilder nicht verstanden wissen: «Ich wollte Leute, die etwas Positives, Lichtvolles ausstrahlen.» Unter die Berühmtheiten mischen sich auch Selbstporträts und Porträts von Freunden. Die Auswahl geschah intuitiv, ebenso das Kuratieren der Ausstellung, das Benno Meier selbst übernommen hat. Findet ein Projekt Anklang beim Verein 4½ , erhält man für einen Betrag von 150 Franken den Schlüssel zur ehemaligen jüdischen Metzgerei. Für das Organisatorische der Ausstellung ist jeder Künstler selbst verantwortlich. Das macht Benno Meier nichts aus. Er ist froh, überhaupt ausstellen zu können – seine Galeristin Sonja Bänziger hat zugemacht. Doch über die fehlenden Ausstellungsmöglichkeiten in der Region grämen mag er sich nicht: «Ich sehe, dass alle Künstler dieses Problem haben.»