Liebeserklärungen zum Abschluss des Lucerne Festival

Mit Ausflügen ins diesjährige Generalthema «Kindheit» endet das Lucerne Festival. Mit dabei: sieben junge Musiker, ein Israeli mit vollem Körpereinsatz, und eine Trommel mit Mann.

Rolf App
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Konzert 6 - Solodrumming: Spettro. Fritz Hauser Schlagzeug, Barbara Frey Regie, Brigitte Dubach Licht (Bild: Blindtext Blindtext)

Konzert 6 - Solodrumming: Spettro. Fritz Hauser Schlagzeug, Barbara Frey Regie, Brigitte Dubach Licht (Bild: Blindtext Blindtext)

Cecilia Bartoli als Aschenbrödel: Mit Gioachino Rossinis voller Ironie in den Alltag seiner Zeit gestelltem Märchen «La Ceneren­tola», halbszenisch dargeboten von den Musiciens du Prince aus dem Märchenstaat Monaco, endet am Sonntagabend das Lu­cerne Festival. Sehr passend, denn die insgesamt 78 Konzerte haben über vier Wochen das Thema «Kindheit» beleuchtet, haben auch Märchen erzählt und auch oft Kinder und Jugendliche einbezogen.

Zuletzt am Sonntagmorgen und -nachmittag mit «Heroïca» von Dan Tanson und Laura van Hal. In der Produktion von «Young Performance», empfohlen «für alle ab 7 Jahren», entern sieben junge Musikerinnen und Musiker die Bühne. Alle wollen die erste Geige spielen – und bringen so die Bühne zum Tanzen. Was für ein Vergnügen, um diesen letzten schönen Tag zu beginnen. Das Vergnügen mit Cecilia Bartolis Rossini steht dem um nichts nach.

Béla Bartóks Liebe zu Stefi Geyer

Im Falle des Aschenbrödels siegt die Liebe über einen schlitzohrigen Vater und zwei hochnäsige Schwestern. Tags zuvor ist ein anderes Werk der Liebe erklungen: Im Sommer 1907 hat der junge Béla Bartók die Geigerin Stefi Geyer kennen gelernt und sie in seinen Briefen schockiert mit Bemerkungen wie: «Was ist die Seele? Die Funktion des Gehirns und des Nervensystems. Im Augenblick des Sterbens hört sie auf.» Die so unpassend Angebetete hat sich darauf weitere Zuschriften verbeten, aber doch noch einmal Post bekommen: Bartók hat ihr sein erstes Violinkonzert geschickt, eine tönende Liebeserklärung, die am Samstag unter den Händen von Gidon Kremer im ersten Satz zart und weich, im zweiten leicht und verspielt erklingt. Begleitet wird er dabei vom City of Birmingham Symphony Orchestra unter dem jungen Israeli Omer Meir Wellber, der nach der Pause Antonín Dvořáks Sinfonie Nr. 9 «Aus der Neuen Welt» derart intensiv (und mit derartigem Körpereinsatz) dirigiert, dass sich das Publikum zu Standing Ovations erhebt.

Eine einsame Trommel wartet auf ihren Meister

Dvořáks böhmische Liebeserklärung an eine neue Heimat, in der er 25-mal so viel verdient wie in der alten, erlebt im Kultur- und Kongresszentrum Luzern (KKL) eine ebenso präzise wie farbenreiche und temperamentvolle, und, im zweiten Satz, auch sehr innige Wiedergabe. Omer Meir Wellber sucht das Kontrastreiche bei Dvořák, und das City of Bormingham Symphony Orchestra ist ihm mit seinen hervorragenden Holz- und Blechbläsern ein idealer Partner.

Ein wenig berauscht geht man weiter zum Luzerner Theater, wo auf der dunklen Bühne nur gerade eine einsame Trommel auf ihren Meister wartet. Der Schlagzeuger Fritz Hauser, «composer-in-residence» dieses Sommers, liebt vor allem eines: die Reduktion. Hier treibt er sie auf die Spitze, indem er, fast eine Stunde lang, diese einsame Trommel und ihre klanglichen Möglichkeiten erkundet. Wie er sie schlägt und streichelt, wie er in sie hineinhorcht, bekommt er, in kurzen Hosen auftretend, auch etwas Kindliches. Denn Kind sein, das bedeutet auch: in einer ganz eigenen Welt leben. Man kann es, siehe Fritz Hauser, auch als Erwachsener.