Startseite Kultur
Seit Wochen ist die Ausstellung im Zeughaus Teufen verwaist. Macht nichts, sagt Kurator Ueli Vogt. Die Kunstwerke seien geduldig. Und doch schaut er wie eine Art Stellvertreter des Publikums jeden Tag bei den Kunstwerken vorbei, und hält sein Museum hübsch aufgeräumt.
Stille hatte man sich vorgestellt. Ein menschenleeres Museum müsste einen mit dumpfer Geräuschlosigkeit umhüllen. Doch dann dröhnt eine Bodenputzmaschine. Still und verwaist ist das Zeughaus Teufen nämlich gar nicht: Im Erdgeschoss hat der Kanton Ausserrhoden das Covid-Testzentrum eingerichtet. Zivilschützer fangen Besuchende auf dem Parkplatz ab und leiten sie zu den Covid-Tests. Der ganze Riesenraum im Erdgeschoss ist mit grünen und weissen Plastikplanen unterteilt in kleine Testzellen. Corona hat sich im Zeughaus Teufen breitgemacht.
Ein Stockwerk höher, über Teststäbchen und Nasen-Rachen-Abstrichen, hütet Kurator Ueli Vogt sein Museum. Die Bodenputzmaschine brummt von unten in die Ausstellung hinein, die seit Mitte Dezember niemand mehr anschauen darf. Stimmen der Zivilschützer lärmen und lachen durchs Treppenhaus hinauf in den ersten Stock.
Ueli Vogt sitzt in seinem Büro, er und eine Mitarbeiterin machen den Jahresabschluss. Draussen schluckt der Schnee den Lärm der Welt. Drinnen fällt jedes Geräusch umso stärker auf: Wenn sonst niemand durch die Ausstellung schlendert, knallen die eigenen Schritte umso lauter.
Normalerweise besuchen 5000 Gäste das Zeughaus Teufen im Jahr. Dass seit Wochen niemand kommen darf? Ueli Vogt ist trotzdem guten Mutes.
«Die Mona Lisa wurde vor über 500 Jahren gemalt und wird heute noch bewundert. Unsere Bilder werden auch in Zukunft angeschaut, wenn sie gut sind.»
Es brauche nur Geduld, sagt er. Er sei ganz gelassen, die Leute würden nach dem Lockdown sicher wieder ins Museum kommen. So hat es Vogt im Sommer erlebt, im September sei fast schon ein Hype ausgebrochen, ein Tanz auf dem Vulkan, so beschreibt er es. Sein Museum sei gestürmt worden, eine Stimmung habe geherrscht wie in den goldenen Zwanzigern, alle wollten die Zeit zwischen Lockdown und zweiter Welle nutzen.
Jetzt ist Vogt alleine im Museum. Als er während der Pressekonferenz des Bundesrates auf dem Handy liest, dass ab Montag eine Homeofficepflicht gilt, erschrickt er: «Muss ich jetzt auch zu Hause bleiben?» Im Frühling war er brav zu Hause, aber jetzt im Kulturlockdown ist er täglich ins Museum gefahren. Wenigstens er sieht dann die Kunstwerke. Schaut, dass alles in Ordnung ist.
«Ich lege Wert darauf, dass hier alles schön ist, dass es nie unaufgeräumt ist.»
Sonst sei das doch ein Frust. Würde der Shutdown beendet, sein Museum wäre bereit.
Dass aktuell niemand die Schau von Katrin Hotz sehen kann, bedauert er schon. Dass er sie täglich alleine sieht, die farbenprächtigen Papierbahnen, kommt ihm verschwenderisch vor. Aber es käme ihm noch verschwenderischer vor, wenn nicht einmal mehr er sie anschauen könnte.
Und er hat das Gefühl, die Ausstellung darf nicht alleine sein. «Das klingt jetzt ein bisschen blöd», sagt er und grinst. Denn eigentlich hat er die Ruhe weg.
Und auch die Kunstwerke um ihn herum scheinen, diese Geduld auszustrahlen. Die alte Frau aus dem Zeller-Gemälde blickt gütig aus ihrem Rahmen, als wolle sie sagen, «ich bin hier, und ich bleibe hier. Ob man mich morgen anschaut oder in fünf Wochen.»