Bald ist die gebürtige St. Gallerin Isabella Schmid in der Papa-Moll-Verfilmung zu sehen. Aktuell serviert sie am Casinotheater in Winterthur einen Freund ab.
Nina Rudnicki
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«Glück und Zufall haben in meinem Leben immer eine grosse Rolle gespielt», sagt Isabella Schmid. Die 46-jährige, in St. Gallen aufgewachsene Schauspielerin sitzt im Garten des Casinotheaters in Winterthur. Im dortigen Theater steht sie aktuell im neuen Stück «Das Abschiedsdinner» auf der Bühne (siehe Kasten). Ihr Kalender ist vollgepackt: Abends tritt sie auf, vormittags pendelt sie nach Zürich, wo sie ab September einen zweiten Standort ihrer Kölner Schauspielschule Bell Academia für Kinder und Jugendliche von 6 bis 20 Jahren aufbaut. Und wenn sie einmal mehrere Tage hintereinander frei hat, reist sie nach Köln, wo sie seit über zwanzig Jahren lebt. Stress ist Isabella Schmid aber nicht anzumerken. Sie ist gut gelaunt, scherzt mit Schauspielkollegen, die ebenfalls im Gartencafé sitzen, und fordert von Casinotheatergründer Viktor Giacobbo eine Einschätzung ihrer schauspielerischen Leistung ein, als dieser kurz Hallo sagt.
Isabella Schmid ist Theater- und Fernsehprofi durch und durch: Seit den 1990er-Jahren wurde sie mit verschiedenen TV-Serien wie «Hinter Gittern – der Frauenknast», «Lena – Liebe meines Lebens», der SRF-Jugendserie «Best Friends» und TV-Spielfilmen bekannt. Bald folgten Kinofilme. In diesem Jahr ist sie ab Dezember in der Papa-Moll-Verfilmung in der Rolle der Mama Moll zu sehen. Trotz Filmkarriere ist sie dem Theater aber immer treu geblieben. «Weil ich beides mache, muss ich mich allerdings immer neu beweisen.» Beim Film heisse es: «Jetzt kommt wieder eine vom Theater, die schauspielert völlig übertrieben und hat bestimmt kaum Dreherfahrung.» Und beim Theater wollten alle erst einmal sehen, ob sie das klassische Schauspielhandwerk überhaupt beherrsche.
Dass Isabella Schmid zum deutschen Film kam, ist einer Reihe von Zufällen zu verdanken. Im Alter von 22 Jahren spielte sie in Bern in einem Theaterstück mit. Ihr Auftritt gefiel einem Unbekannten, der sie bei dem deutschen Filmstudio Bavaria Film vorschlug. Als Isabella Schmid dort vorsprach, schaute noch am selben Nachmittag ein Regisseur im Filmstudio vorbei und buchte sie für eine Rolle in einem ZDF-Fernsehfilm. Auf dem Set wurde ihre Rolle spontan ausgebaut und die fünf ursprünglich vorgesehenen Drehtage auf fünfzehn verlängert. Danach bekam sie bald das Angebot, die Lollo Fuchs in «Hinter Gittern» zu spielen.
«Eine Rolle, die ich annehme, muss mich herausfordern. Entweder ist das ein Charakter, den ich noch nie gespielt habe, oder es ist ein Charakter, der sich total von meinem unterscheidet», sagt Schmid. An der Rolle der Claudia im «Abschiedsdinner» fasziniere sie beispielsweise, dass sie so schön böse und zynisch, aber dennoch liebenswert sei. «Ich verstehe diese Frau einfach nicht. Darum spiele ich sie so gerne», sagt sie. Ausserdem habe sie schon immer einmal mit Regisseur Stefan Huber zusammenarbeiten wollen. Das Stück thematisiert eine Frage, die wohl fast jeden einmal in seinem Leben beschäftigt: Wie trenne ich mich von Freunden, die eigentlich schon lange gar keine richtigen Freunde mehr sind? «Ich persönlich appelliere dafür, unliebsam gewordene Freundschaften aufzugeben. Es ist für alle schöner, wenn sie sich nicht verpflichtet fühlen», sagt Isabella Schmid und fügt an: «Ich versuche, mich im Leben nicht zu fest an Dinge zu krallen, sondern vieles einfach einmal laufen zu lassen. So kann Neues dazukommen.» Nur die Schauspielerei hat Isabella Schmid in ihrem Leben nie losgelassen. Als Kind besuchte sie die Zürcher Schauspielschule R. Metzenthin, sie nahm Unterricht im Jazztanz und trat in Musicals auf.
Selbst ihrer Ausbildung als Arzthelferin gewinnt Schmid schauspielfördernde Eigenschaften ab. «Ich lernte damals, mich in die Patienten hineinzuversetzen. Das war ein gutes Training», sagt sie. Diese Erfahrungen gibt sie nun an ihrer Schauspielschule an die Kinder weiter. «Sich in eine Rolle hineinzuversetzen, braucht viel psychologisches Geschick», sagt sie. «Die Kinder lernen an meiner Schule zudem, selbstbewusst aufzutreten, mit ihrer Körperhaltung zu arbeiten, sicher zu wirken und mit verschiedenen Menschen umzugehen.»
Dann, beim Thema Kinder, fallen ihr spontan ihre eigenen ersten Lebensjahre in St. Gallen ein. Isabella Schmid zieht ihr Handy hervor. «Wir haben ja noch kurz Zeit», sagt sie. Dann ruft sie ihre Mutter an. «Sag doch mal, wo in St. Gallen bin ich in den Kindergarten gegangen? Ah, im Schoren. Und was war damals nochmals der Beruf von Paps? Stimmt, Chef der Kripo.» Das Handy verschwindet wieder im Hosensack. «Manchmal habe ich ein Gedächtnis wie ein Sieb.»