Er ist der Mainstream-Darling der Schweizer Rapper. Dass er mehr als nett und quirlig ist, beweist Knackeboul auf seinem neuen Album «Knacktracks».
Er ist der sympathische Lausbub, der im Tram mit wildfremden Menschen musiziert. Im TV-Format «Cover Me» gibt er den naiv unterhaltsamen Brückenbauer zwischen Rap- und Schlagerwelt. Als liebenswerter Ewigjugendlicher bringt der 33-Jährige mit Freestyle-Rap Kurt Aeschbachers Ü50-Publikum zum Staunen. Eigenschaften und Tätigkeiten, die dem Entertainer Knackeboul aus Langenthal Szeneintern immer mal wieder Kritik einbringen.
Doch David Kohler, wie Knackeboul bürgerlich heisst, ist auch einer der technisch versiertesten Rapper des Landes. Er veröffentlicht – solo wie auch als Teil von verschiedensten Projekten – seit bald 15 Jahren regelmässig sperrige und unangepasste, mit sozialkritischen und fundierten Aussagen gespickte Alben. Zwischenzeitlich ist er neben dem Dasein als Künstler auch ein unabhängiger Unternehmer, der jungen Künstlern wie der Jas-Crew mit seinem Label eine Plattform bietet – und etlichen Leuten einen Job gibt.
Konsequenter und angriffiger als je zuvor setzt sich Knackeboul auf seinem neuen Album «Knacktracks» mit ebendiesen Gegensätzen auseinander. Im Song «Image» zum Beispiel beschäftigt er sich aktiv mit der Fremdwahrnehmung und den Kompromissen, die ein Künstler eingehen muss, wenn er von seiner Musik leben will.
Er sei allem voran Rapper und Produzent. Die Identität sei ein Trugbild, und für die Promotion würde alles noch einmal ein bisschen zugespitzt, reimt er über das geloopte Klicken einer Spiegelreflexkamera.
Da stellt sich einer seinen Dämonen. «Du nennsch mi böswillig Gutmensch, figg Di!», rappt er in «Wachsfigurekabinett». Diese Ansage richtet sich zwar direkt an die Exponenten der rechtspopulistischen Politszene, wohl aber auch an die Kritiker aus den eigenen Reihen. In diesen bewegt sich Knackeboul wieder vermehrt: «Seit meinem Weggang vom Fernsehen habe ich weniger Verpflichtungen und bin viel lockerer unterwegs», sagt er.
Gar von Zwängen befreit sei er. Dies manifestiert sich in einer expliziteren Wortwahl als früher. «Ich lasse mich auch von der unglaublich talentierten Rapjugend wie dem Luzerner Kuchen um Mimiks, Luzi oder LC One inspirieren.» Er probiere die Inspiration aber dann doch
«immer auf einer etwas experimentelleren Schiene» auszuleben, so Knackeboul.
Nicht nur inhaltlich ist Knackeboul näher an die klassischen Rapdogmen zurückgekehrt. Auch der reduzierte Sound von «Knacktracks» ist dichter am aktuellen Geschehen als frühere Alben. Ausschliesslich mit Collagen aus dem geliebten Loopgerät «Gudrun», einem kleinen Synthesizer und einem Drumcomputer treffen Knackeboul und sein Flügelmann Chocolocolo wie nie zuvor den Nerv der Zeit.
Die Hektik und der Wirrwarr von Soundschnipseln, die man von früheren Produktionen kannte, ist einer souveränen Abgeklärtheit gewichen. Schliesslich geht es bei der Instrumentierung eines konsequenten Rap-Albums auch vorrangig darum, Raum für Stimme und Aussagen zu schaffen. «Wirtschaftlich gesehen hätte ich wohl noch mehr als früher die Nähe zur Mundartrockszene suchen müssen», sagt Knackeboul zu dieser Konsequenz. «Aber ich habe einfach das gemacht, was mir richtig erschien.»
Es war der richtige Entscheid.
Knacktracks Knackeboul Entertainment, erscheint am 15. Januar.