Immer Brautjungfer, nie Braut

In der Nacht auf Montag werden zum 86. Mal die Academy Awards verliehen. Die Verleihung ist so spannend wie seit Jahren nicht mehr. Erneut wird dabei grosse Filmkunst ohne Auszeichnung bleiben. Manch Nominierte haben bereits viel Erfahrung damit, übergangen zu werden.

René Rödiger/Andreas Stock
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Einen Oscar zu erhalten, ist für die meisten Schauspieler, Regisseure, Produzenten und Filmtechniker die grösste Auszeichnung. Das internationale Prestige eines Academy Award wiegt erheblich mehr als der Materialwert der Goldstatuette. Dennoch ist es mit dem Oscar wie bei fast jedem anderen Filmwettbewerb: Die inszenatorische Kunst eines Regisseurs von Komödien mit jener eines Dramas zu vergleichen, ist eigentlich unmöglich. Oder schauspielerische Leistungen miteinander zu vergleichen. Wie vergleicht man Chiwetel Ejiofor in «12 Years a Slave», der einen Menschen spielt, der versklavt wird, mit Christian Bale, der in «American Hustle» einen Betrüger aus Leidenschaft verkörpert?

Es sind viele Faktoren, die mitentscheiden, ob ein Film und seine Mitwirkenden zu den Nominierten gehören. Und es lassen sich stets Namen auflisten, die auch eine Nominierung verdient gehabt hätten. Unter anderem wurde dieses Jahr die dialogfreie Parforce-Leistung von Robert Redford als Segler in Seenot nicht honoriert.

Brad Pitts Chance als Produzent

Redford hat immerhin bereits drei Oscars: als Schauspieler, Regisseur sowie fürs Lebenswerk. Doch die Liste der ganz grossen Namen im Filmbusiness, die noch auf ein goldenes Männchen warten, ist lang. Unter ihnen findet sich zum Beispiel Brad Pitt. Der Frauenschwarm ist zwar zweifelsohne ein begabter Schauspieler, er wurde schon fünfmal für einen Academy Award nominiert – zweimal als Hauptdarsteller, einmal als Nebendarsteller – nur gewonnen hat er ihn noch nie. In diesem Jahr darf er sich dank «12 Years a Slave» wieder Hoffnungen machen. Allerdings, wie schon 2012 für «Moneyball», als Produzent.

Der Trostpreis: Ein Ehrenoscar

Ebenfalls seine fünfte Nominierung feiert dieses Jahr Leonardo DiCaprio. Mit «The Wolf of Wall Street» hat er sogar zwei Chancen: als Produzent und als bester Hauptdarsteller. Ein Gewinn wäre für DiCaprio eine Premiere, der als Hauptdarsteller für «Aviator» (2005) und «Blood Diamond» (2007) nominiert war.

Dabei sind fünf Nominierungen und kein Gewinn noch nicht mal besonders aussergewöhnlich. Achtmal leer ausgegangen ist der im Dezember verstorbene Peter O'Toole. Als «Trostpreis» erhielt er – wie so viele andere vor ihm und nach ihm – 2003 lediglich den Ehrenoscar für sein Lebenswerk. Für seine schauspielerischen Leistungen, darunter 1963 in «Lawrence of Arabia», wurde er nie ausgezeichnet.

In fünf Disziplinen übergangen

Auch bei den Frauen gibt es diese ewigen Favoritinnen: Deborah Kerr wurde zwischen 1950 und 1961 sechsmal für einen Oscar nominiert; den Ehrenoscar bekam sie erst 1994. Oder die 39jährige Amy Adams, dieses Jahr als Hauptdarstellerin in «American Hustle» nominiert; bereits viermal ist sie in der Kategorie Beste Nebendarstellerin leer ausgegangen, zuletzt 2013 für «The Master».

Eine Besonderheit stellt der britische Schauspieler und Regisseur Sir Kenneth Branagh dar: Er wurde bereits in fünf verschiedenen Kategorien für einen Oscar vorgeschlagen. Doch ob als Regisseur, Hauptdarsteller, Nebendarsteller oder für den besten Kurzfilm und das beste Drehbuch: Immer wieder musste Branagh anderen den umjubelten Gang auf die grosse Oscarbühne überlassen.

Ein trauriger Rekord

Dass auch der Ruf als Publikumsmagnet noch lange keine Auszeichnung bedeutet, zeigen weitere grosse Namen: Ob Nick Nolte, Harrison Ford, Michelle Williams, John Travolta, Will Smith oder Tom Cruise – sie alle durften noch nie einen Oscar entgegennehmen. Ebenso wie Joaquin Phoenix, der letztes Jahr nominiert war und diesmal – für «Her» – leer ausging.

Aus heutiger Sicht fast schon unglaublich erscheint, dass sogar der Grossmeister der Regie, Alfred Hitchcock, zwar sechsmal nominiert worden ist, aber nie einen Oscar überreicht bekam. Kommentiert hat er diese Tatsache mit «Always a bridesmaid, never a bride» («Immer Brautjungfer, nie Braut»).

Auch wenn nun diesen Sonntag in Los Angeles Brad Pitt, Leonardo DiCaprio, Amy Adams oder Sally Hawkins wieder leer ausgehen könnten, schlimmer geht es immer: Den traurigen Rekord hält fast schon uneinholbar ein gewisser Kevin O'Connell. Der Tontechniker von Filmen wie «Top Gun», «The Rock», «Pearl Harbor», «Spider-Man» oder «Transformers» wurde seit 1983 ganze 20mal nominiert. Und hat bis heute noch keinen Oscar gewonnen.