«Ich sah die Gesichter als Leinwand»: Celine Lochmeier aus Bürglen hat für einen dreiminütigen Film ein Jahr lang gearbeitet

Die 23-jährige Celine Lochmeier hat aus Fotos von bemalten Gesichtern einen Film gemacht – und den Zeitaufwand völlig unterschätzt.

Roger Berhalter
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Fast 20 000 Fotos hat Celine Lochmeier für ihren Kurzfilm am Computer zusammengefügt.

Fast 20 000 Fotos hat Celine Lochmeier für ihren Kurzfilm am Computer zusammengefügt.


Bild: Benjamin Manser

Irgendwann ging sie zu ihrem Chef und kündigte. Nicht, weil ihr der Job nicht mehr gefiel, sondern weil Celine Lochmeier ein Projekt gestartet hatte, das ihr allmählich über den Kopf wuchs. Seit Monaten hatte sie schon an ihrem Stop-Motion-Film «Facing the Sky» gearbeitet, und sie brauchte mehr Zeit dafür. Also schmiss die 23-Jährige ihren Job hin, um fortan vollzeitlich Gesichter zu bemalen, zu fotografieren und am Computer zu einem Kurzfilm zusammenzufügen.

Fast ein Jahr lang hat Lochmeier an ihrem dreiminütigen Video gearbeitet. Jetzt hat sie es online gestellt. «Facing the Sky» zeigt 24 bemalte Gesichter, die in einem Raster angeordnet sind. Nach und nach ändern sich die Farben, Kreise tauchen auf und wandern über die Gesichter.

24 Gesichter, 24 Stunden

Die drei Filmminuten stellen die 24 Stunden eines Tages dar, vom Sonnenaufgang bis zur sternenklaren Nacht. Und sie zeigen laut Lochmeier auch, wie wichtig jeder Einzelne fürs Ganze ist. Für ihr Projekte konnte sie Verwandte und Freunde gewinnen: «24 Menschen, die sich vorher nicht kannten, kamen zusammen und ergaben ein Ganzes.»

Dieses Ganze besteht aus 19536 Fotos. Für jedes davon musste Lochmeier zum Pinsel und zur Kamera greifen. «Mit der Zeit sah ich die Gesichter als Leinwand», erinnert sie sich an die stundenlangen Mal- und Fotosessions in ihrem Zimmer.

Den Zeitaufwand völlig unterschätzt

Celine Lochmeier ist in Bürglen aufgewachsen, «zwischen Schafen und Hühnern», wie sie lachend sagt. Mit Bodypainting und Stop Motion hatte sie keine Erfahrung, als sie damit begann. Doch die ausgebildete Grafikerin hatte eine klare Vorstellung davon, wie ihr Film aussehen sollte. In zwei Wochen, so dachte sie, wäre sie fertig. Doch schon die erste Session mit dem ersten Model dauerte acht Stunden. «Da merkte ich: Das wird eine längere Geschichte.»

Standbild aus dem Film «Facing the Sky».

Standbild aus dem Film «Facing the Sky».

Bild: PD

Zwar verkürzten sich die Sessions mit der Zeit auf fünf Stunden, aber es blieb ein arbeitsintensives Unterfangen. «Facing the Sky» besteht aus durchschnittlich zehn Bildern pro Sekunde, und jedes dieser Bilder besteht wiederum aus 24 Einzelbildern von bemalten Gesichtern. «The craziest stop motion video ever made», so werbewirksam kündet Lochmeier ihr Video auf Youtube an.

Videotechnik und Farbenmischen

So naiv sie ihr Projekt begonnen habe, so viel habe sie im letzten Jahr gelernt, sagt die 23-Jährige. «Ich musste viel planen, koordinieren und telefonieren.» Sie habe sich auch Wissen über Videotechnik angeeignet, ebenso übers Farbmischen. Denn die hautverträglichen Farben kaufte sie nicht, sondern rührte sie aus Pigmenten, Gummiarabicum und Wasser selber an.

Jetzt fühle sie sich unzerstörbar, schreibt Lochmeier auf ihrer Webseite, wo sie detailliert Einblick gibt in den Entstehungsprozess ihres Films. Unzerstörbar? «Ja, ich habe gelernt: Es ist möglich, einfach mal etwas auszuprobieren. Das hat mir Selbstvertrauen gegeben.»