Hörbar Klassik: Schubert, Bethoven und Chopin

Rolf App
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Holligers federnder Schubert

Heinz Holligers Rezept klingt so: «Man nehme frühe Wiener Hörner, man nehme eng mensurierte Trompeten und Posaunen, und vor allem die Posaunen durchsichtig und auch die Trompeten nicht so dick im Klang. Und man behandle das Vibrato als etwas sehr Kostspieliges.» Ja, und dann nehme man noch die ungebrochene Energie dieses 79-jährigen Komponisten und Dirigenten: Dann beginnen die Ouverture zu Schuberts Melodram «Die Zauberharfe», vor allem aber seine «Grosse» C-Dur zu leben. Sprühend entfalten sie unter Holligers Hand und in den Händen des Kammerorchesters Basel ihre bebende Kraft. Lustvoll treiben beide die Entdeckungsreise voran. Und sie ist keineswegs zu Ende: Alle Schubert-Sinfonien sollen auf CD. Was für eine Freude.

Heinz Holliger: Schubert, Grosse Sinfonie C-Dur, Kammerorchester Basel, Sony

Beethoven, voller Rhythmus
und Energie

Beethovens erstes Klavierkonzert: Das ist ein Werk, das noch im Geiste Haydns steht. Und seine fünfte Sinfonie: Die muss ernst, ja bedrohlich klingen. Was der Dirigent Enrique Mazzola zusammen mit den Orchestre national d’Île-de-France und dem Pianisten Cédric Tiberghien vorlegt, bestätigt und widerlegt dieses Bild. Denn Beethovens «Fünfte» klingt ebenso energisch wie entschlackt, sie ist ein Wunder an Rhythmus und Energie. Während das Klavierkonzert auf sehr schöne Weise Haydn anklingen lässt.

Enrique Mazzola/Cédric Tiberghien Beethoven: Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur, Sinfonie Nr. 5 c-Moll, Orchestre national d’Île-de-France, Nomad Music

Chopin erzählt grosse Geschichten

In sich gekehrt, ruhig: So fängt Leif Ove Andsnes seine Einspielung von Frédéric Chopins Balladen an, und streut zwischen ­deren grosse Erzählungen drei Nocturnes ein. Was ein gut abgestimmtes Ganzes ergibt, mal melancholisch versonnen, mal in virtuose Aufwallungen mündend. Andsnes bringt beides in ein schönes Gleichgewicht. Man hört ihm gerne zu, wenn er am Klavier Geschichten erzählt.

Leif Ove Andsnes: Chopin, Sony