Das Kunstmuseum Thurgau führt in Aadorf unterirdisch ein grosses Depot: 6500 Objekte lagern dort - samt Mocmoc. Der Platz wird knapp. Museumsdirektor Markus Landert kämpft um jeden Quadratmeter.
Depot, das: Aufbewahrungsort, Sammelstelle, Lager. Sagt der Duden und gibt noch weitere Bedeutungen an, die uns nicht kümmern. Kunstmuseum, das: führt der Duden nicht. Dabei ist das Kunstmuseum Thurgau ganz real, wenngleich es in den alten Gemäuern der Kartause Ittingen untergebracht ist. Aber zu wenig Platz hat, wie die meisten Museen. Der Kanton Thurgau hat zwar einen Erweiterungsbau vor – aber da lief einiges krumm.
Deshalb kämpft Markus Landert, der Leiter des Kunstmuseums Thurgau, um jeden Quadratmeter. Schon vor Jahren hat er einen zusätzlichen «Aufbewahrungsort» gesucht und an einem profanen Ort gefunden: in einer ehemaligen Zivilschutzanlage. Unter einem Schulhaus, dem Löhracker in Aadorf. Das liegt nicht ganz am Weg, wird aber auch nicht täglich genutzt.
Hier, im Aussendepot des Kunstmuseums, lagern rund 6500 seiner 30000 Objekte. Ganz genau kennt Landert die Zahl nicht, sie verändert sich immer wieder, weil ständig neue Werke erworben werden und auch noch nicht die hinterletzte Karteikarte in die digitale Datenbank übertragen ist.
Im Depot wird alles aufbewahrt, was nicht gerade in einer Ausstellung hängt – oder in einer der Amtsstuben des Kantons. Da schmücken manche Werke aus der Sammlung des Kantons die nüchternen Wände. «Das Depot ist unser Kunstpool: Jeder Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin des Kantons kann zu uns kommen und sich etwas für sein oder ihr Büro aussuchen», sagt Landert. Oder auch immer wieder mal tauschen, damit man nicht ständig denselben Adolf Dietrich oder Carl Roesch im Rücken hat.
Seit 1941 kauft der Kanton Thurgau Kunst an, das Kunstmuseum und damit auch ein professionelles Depot wurde als Provisorium 1972 in Frauenfeld und 1983 in der Kartause definitiv eröffnet. Sammelschwerpunkte sind einheimische und Aussenseiterkunst. «Kunst zu kaufen, ist die beste Form von Kunstförderung», sagt Landert. Und: In der Kunstsammlung manifestiert sich auch Thurgauer Identität. Was wäre der Thurgau ohne Adolf Dietrich, Carl Roesch und Helen Dahm?
Markus Landert kennt das Depot wie seine Westentasche und führt durch ein Labyrinth von Räumen voller Regale, Sockel, Dutzende Wechselrahmen, Archivschränke. In einem der zehn Räume steht ein wuchtiger Arbeitstisch, ein anderer dient als Werkstatt. Hier wird gerahmt, da werden beschädigte Bilder restauriert, dort wird Interessierten eine Auswahl für die Büros gezeigt.
Drei Mitarbeiter teilen sich 150 Stellenprozente, heikle Reinigungsarbeiten werden auswärts an eine Restauratorin vergeben. Eine weitere halbe Stelle ist ausgeschrieben: Gesucht wird ein Registrar.
Die Lagerhaltung ist trotz elektronischer Datenbank samt Fotografie und biografischen Angaben aufwendig. Im Depot lagern auch Dokumente zu Kunstschaffenden, etwa Notizen oder Zeitungsartikel, die ebenfalls erfasst werden: Kunstwerke gewinnen an kulturellem Wert, wenn verbindliche Informationen über sie bekannt sind.
Gelegentlich erhält das Kunstmuseum einen Nachlass – oder verwaltet ihn, etwa für den Verein Werk Natale Sapone, der weiterhin Werke des verstorbenen Konkreten aus Kalabrien verkauft. Dennoch: Die Frage «Wie gehen wir mit Künstlernachlässen um?» gehört zu den komplexen Problemen.
Das Kunstmuseum betreut über zweitausend Werke des Diessenhofeners Carl Roesch aus dessen Nachlass. Trotzdem hat es vor wenigen Wochen ein ovales Bild von ihm für 3000 Franken bei einer Auktion ersteigert, ein bis anhin unbekanntes Hauptwerk des Künstlers. Der Preis war günstig, die Restaurierung wird allerdings nochmal so viel kosten.
In Raum 7 ist es kühler, die Feuchtigkeit wird kontrolliert und geregelt. Hier bildet ein recht voller Bilderrechen das eigentliche Lager. Ganz neu hängt hier ein zwei Meter hohes Gemälde der Amriswiler Künstlerin Ute Klein, das bald im Museum seinen Platz finden wird.
«Wir wollen möglichst oft auch Werke aus unserem Lager im Kunstmuseum sichtbar machen.»
So wird Rolf Röthlisbergers Sammlung mit Aussenseiterkunst, die er dem Museum geschenkt hat, nächstes Jahr präsentiert werden; die über tausend Werke sind inventarisiert. «Eine sorgfältige Inventarisation ist aufwendig», sagt Landert, «aber sie ist die Basis für die Auffindbarkeit der Werke. Ohne sorgfältige Standortverwaltung verlieren wir unnötig Zeit mit Suchen.»
Ein Raum weiter dann das Bücherlager des Museums, das einen fein sortierten Laden unterhält. Dennoch: «Unser Ziel ist, die Lagerbestände möglichst rasch abzubauen», sagt Landert. Und dann sind wir bei den dreidimensionalen Werken, beim in Folie eingeschlagenen Mocmoc und allen Kostümen des Künstlerduos Com&Com.
Nicht alle Räume nutzt das Kunstmuseum für sich. Der Kunstverein Frauenfeld hat sich eingemietet und neben rund 400 angekauften Werken all seine Akten seit 1960 eingelagert. Auch das Naturmuseum Thurgau bewahrt hier Exponate aus früheren Ausstellungen auf. Der Rundgang durch den unterirdischen Kunstort endet im Herz des Depots: im Heizungsraum. Da, wo das Klima kunstgerecht stabil gehalten wird.