Vor 30 Jahren erschien der erste Krimi mit Inspector Rebus. Ein Gespräch mit seinem Schöpfer Ian Rankin.
Ian Rankin: Well. Er ist tatsächlich krank. Doch das heisst nur, dass er Medikamente nehmen muss – und sich mehr Sorge tragen.
Natürlich stirbt er irgendwann. Er altert mit jedem Buch, er ist jetzt Mitte 60 und auch er kann nicht ewig leben. Aber es gibt keine aktuellen Pläne, ihn sterben zu lassen. Er ist einfach nicht mehr so gesund, wie er einmal mal war.
Yeah. Ich auch. Ich habe nun über
30 Jahre mit ihm gelebt. Wir beide haben uns verändert: Wir sind reifer geworden. Auch ich bin nicht mehr jung, meine Knie schmerzen, ich sehe und höre nicht mehr so gut, ich wiege sehr viel mehr als auch schon. Kurz: All das, was einem im realen Leben widerfährt, macht auch Rebus durch.
Der Mord im Caledonian Hotel an einer Bankiersgattin vor 40 Jahren wurde nie aufgeklärt – ein Skandal, der John Rebus nicht loslässt. Während sich der pensionierte Inspektor in alten Akten vergräbt, gerät das kriminelle Machtgefüge in Edinburgh ins Wanken: Junggangster Darryl Christie wird halb totgeschlagen. Steckt Ex-Gangsterboss Big «Ger» Cafferty dahinter? Rebus ermittelt in «Ein kalter Ort zum Sterben».
Ian Rankin (56) macht in diesem Jahr öfter Schreibpause. Auch, weil sein Inspector Rebus Jubiläum feiert: Im März 1987 erschien der erste Rebus-Krimi, «Verborgene Muster». Edinburgh gedenkt dieses Jubiläums mit einem dreitägigen Festival vom 30. Juni bis 2. Juli 2017. (NK)
Ja, grösstenteils. Er ist eine andere Generation als ich. Rebus hört keine neue Musik, ich schon. Er hat wohl seit 1985 kein neues Album gekauft.
Sie denken an Gangsterboss Cafferty? Er ist Mister Hyde.
Genau. Rebus und Cafferty sind sich sehr ähnlich. Sie haben einen ähnlichen Hintergrund, sind am gleichen Ort aufgewachsen. Zwischen ihnen ist Empathie. Die beiden alten Männer beobachten ihre Umgebung, die sie immer weniger verstehen – vieles verändert sich. Rebus und Cafferty mögen keine Veränderungen. Beide fragen sich: Habe ich noch Einfluss auf diese Welt?
Das sollten Sie nicht tun. Ich hörte schon Leser sagen, dass Cafferty ein grosser, knuddeliger Bär ist. No, no, no. Er ist ein Gangster und ist gefährlich. In diesem Buch habe ich eindringlicher als auch schon versucht zu zeigen, was er ist: skrupellos.
Die meisten Polizisten, die mir früher geholfen haben, sind jetzt pensioniert. Ich will ja keine Polizei-PR schreiben, ich gehe nur noch zur Polizei, wenn ich eine spezifische Frage habe.
Nein. Letztes Jahr aber hat der neue Polizeichef einige schottische Krimi-Autoren eingeladen. Vor allem, um uns zu danken. Wir bringen die schottische Polizei in die Welt hinaus.
Nein. Es gab mal einen Gangster, der, als er aus dem Gefängnis kam, einen Roman schreiben wollte und öffentlich sagte, er wolle Ian Rankin um Rat fragen. Ich bin froh, hat er es nie getan.
Nein, das kann ich nur in meinem Büro zu Hause. Aber ich hole die Post ab in der Oxford Bar. Fans adressieren Briefe, Bücher oder CDs an «Ian Rankin, Oxford Bar, Schottland.»
Ja, Touristen betreten auch schon mal die Bar, schiessen ein Foto und gehen wieder. Der Besitzer mag das überhaupt nicht. Viele sind enttäuscht, weil sie mich vorfinden und nicht Rebus.
Doch. Rebus ist die interessantere Person, viel komplexer, viel kaputter.
Ach, ich denke, sie sehen das sofort. Sie kommen in die Bar und da sitzt dieser langweilige Typ mit seinem Bier.
Edinburgh ist die typische Jekyll-and-Hyde-City. Das Interessante ist ja, dass alle schönen Städte mit den gleichen sozialen Problemen kämpfen – kratzt man erst einmal an der Oberfläche. Als ich anfing, Rebus-Romane zu schreiben, hatte Edinburgh ein riesiges Drogenproblem, die Armut war gross, und so weiter. Touristen sehen das nicht.
Gibt es immer noch Armut und soziale Probleme, und Kriminalität auch.
Die Kriminalitätsrate ist gesunken. Für einen Krimiautor ist dieses Land eigentlich viel zu sicher. Ich glaube, wir töten mehr Menschen, als in Wirklichkeit umkommen würden. In Skandinavien ist es ja dasselbe. Dort rennen auch nicht so viele Serienkiller herum wie in den Büchern.
Nein, nie. Meistens gehe ich einer Frage nach und finde einen Plot, der mir genau das erlaubt. Im neuen Buch hab ich erst nach zwei Dritteln realisiert, dass ein Nebendarsteller eigentlich eine Hauptfigur ist.
Ja. Ich bin der Detektiv, der versucht herauszufinden, was zur Hölle passiert ist. Würde ich die Geschichte kennen, müsste ich sie ja nicht aufschreiben.
Vielleicht. Kommt darauf an, was ich erforschen möchte.