Theater Der Schriftsteller Daniel Mezger (34) sagt, dass wir im Herzen alle Bauern seien. Heute wird seine nordische Komödie in Konstanz uraufgeführt. Lukas G. Dumelin
Daniel Mezger: Ich habe keinen Fernseher. Aber ich surfe viel. Verblöden kann man auch vor dem Computerbildschirm.
Mezger: Das Fernsehen ist ihre Rettung. Es hilft ihnen, den Winter zu überstehen. Die Figuren sind geschichtensüchtig. Sie sind an ihr Dorf gefesselt, und der Klatsch hat sich irgendwann erschöpft.
Mezger: …und redet immer von der schönen Landschaft, von den Polarlichtern. Aber sie bleibt immer drin, drin im Tankstellenshop. So befindet sie sich am Ende der Welt, vielleicht in Alaska, vielleicht in Norwegen, und das am austauschbarsten Ort, den man sich vorstellen kann: in einem Tankstellenshop.
Mezger: Nordische Komödie, ja. Die Figuren wünschen sich Einsamkeit. Die gebe ich ihnen als Autor – und schaue dann zu, wie sie damit nicht klarkommen. Im Chaos gibt es komische Momente.
Mezger: Ich zeichne kein gutes Bild vom Blick auf diese Utopie. Das Land selber haue ich nicht in die Pfanne, das Land ist gleichermassen schön und langweilig. Aber es eignet sich, um es zu verklären – und wie Joana von einem einsamen Winter zu träumen.
Mezger: Ich bin auch auf dem Land aufgewachsen. In Linthal, im Glarnerland. Ich kenne die Vielschichtigkeit dieses Lebens, ich weiss, wie Dorfgemeinschaften funktionieren.
Mezger: Nein. Als Kind war das Landleben paradiesisch, als Teenie war es langweilig. Und Langeweile ist ein guter Motor.
Mezger: Ich habe in einer Band gespielt, ich habe Konzerte organisiert. Wenn wir nichts getan hätten, wäre nichts los gewesen.
Mezger: Es ist verrückt, wie sich die urbane Schweiz mit ihren Grossbanken immer aufs Land beruft. Im Herzen ist jeder ein Bauer – und gerne wählt man die Politiker, die das laut behaupten.
Mezger: Naja. Vor kurzem habe ich im Glarnerland mit dem Sohn eines Bauern geredet. Für ihn ist die Stadt noch immer weit weg. Er sagte, die Stadt sei nichts für ihn.
Mezger: Ich wollte weg, gleich nach der Matur.
Mezger: Die Glarner waren auf jeden Fall stolz, als ich zum erstenmal einen Gastauftritt in einer Soap hatte. Und ich war glücklich in Bern. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, unter Leuten zu sein, die ähnlich denken wie ich.
Mezger: …weil ich dachte, ein wenig Handwerk schadet nicht. Aber ich bin auf die Welt gekommen: Das war ein Fulltime-Job.
Mezger: Ich habe Angst, dass ein Schauspieler einen Hänger hat – und ich ihm nicht helfen kann. Ich sehe, wie einer zögert, eine Sekunde, zwei. Horror! Horror!
Mezger: Doch, das auch. Einmal habe ich mit einer Kollegin eines meiner Stücke angesehen. Plötzlich sagte sie zu mir: «Du lachst aber auch über jeden Witz.»
Mezger: Na klar, habe ich gesagt, das ist auch mein Humor.
«Findlinge» (Regie: Thorhildur Thorleifsdóttir) wird heute abend, 20 Uhr, im Spiegelsaal des Theaters Konstanz uraufgeführt und läuft bis zum 24.3.; Infos und Billette unter www.theaterkonstanz.de.