Die Kunsthalle Wil hat eine neue Kuratorin: Toggenburger Künstlerin Sonja Rüegg will die Kunsthalle bekannter machen

Die Künstlerin Sonja Rüegg leitet seit Januar die Kunsthalle Wil. Jetzt feiert die erste von ihr kuratierte Ausstellung Vernissage: Eine Retrospektive. Danach will Rüegg der Institution ihren eigenen Stempel aufdrücken.

Tobias Söldi
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Kuratorin Sonja Rüegg vor den «Multiples» in der Kunsthalle Wil.

Kuratorin Sonja Rüegg vor den «Multiples» in der Kunsthalle Wil.

Bild: Benjamin Manser (31. Januar 2020)

Fast alle Wilerinnen und Wiler dürften Sonja Rüegg kennen – auch wenn das manchen vielleicht gar nicht bewusst ist. Denn die Toggenburger Künstlerin steckt hinter dem weissen «h», das seit 2017 in der Mitte des Stadtweiers auf dem Wasser zu schweben scheint. Längst ist es zu einem Wahrzeichen der Äbtestadt geworden.

Doch die grossgewachsene 44-Jährige mit dem Lockenkopf prägt nicht nur das Erscheinungsbild der Stadt, sondern bald auch deren kulturelles Leben. Rüegg hat Anfang Jahr die Leitung der Wiler Kunsthalle von den beiden Kuratorinnen Claudia Reeb und Gabrielle Obrist übernommen.

Am Samstag feiert die erste Ausstellung unter Rüeggs Ägide Vernissage: eine Retrospektive mit «Multiples», limitierten Objekten, geschaffen von Künstlerinnen und Künstlern im Zuge ihrer Ausstellungen in der Kunsthalle Wil.

Der Raum als roter Faden

«Ein Rückblick bot sich als Anfang an», sagt Rüegg, die bereits im Herbst 2018 angefragt wurde. Als Neuling – beruflich hatte sie mit der Kunsthalle erst einmal zu tun, als sie eine Stellvertretung als Kulturbeauftragte bei der Stadt Wil übernahm – musste sie sich ohnehin erst einmal damit auseinandersetzen, was in der Kunsthalle seit ihrer Gründung 1991 alles passiert war.

Blick in die neue Ausstellung in der Kunsthalle Wil.

Blick in die neue Ausstellung in der Kunsthalle Wil.

Bild: Benjamin Manser

Es ist einiges: Die ausgestellten «Multiples» stammen von so namhaften Künstlern wie Roman Signer, Hans Thomann oder Beate Kuhn.

Doch gleich nach dieser Retrospektive wird sich Rüegg von der Vergangenheit lösen und der Institution ihren eigenen Stempel aufdrücken. Bis Ende Jahr bespielen vier Frauen die Kunsthalle: Susanne Hofer, Olivia Wiederkehr, Olga Titus und Rebecca Kunz.

«Es sind alles Künstlerinnen, die ich schon länger verfolge und die mich begeistern», sagt Rüegg. Und noch etwas verbindet sie: Alle beschäftigen sich mit dem Thema Raum, sei es in Installationen, in digitalen Arbeiten oder in Videoprojektionen.

Sie liess die Decke von Sauställen bemalen

Der Raum zieht sich auch als roter Faden durch das künstlerische Werk Rüeggs, die nach dem Propaedeutikum an der Schule für Gestaltung in St.Gallen an der Hochschule Luzern Design und Kunst und an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Basel Szenografie und Exhibition Design studierte.

Ihr Interesse, erzählt sie, liege auf der Inszenierung von Räumen, auf dem Schaffen von Atmosphären, auf der Wechselwirkung zwischen Menschen, Räumen und Objekten. «Als Künstlerin, die sich mit dem Thema Raum beschäftigt, stellt die Kunsthalle auch ein Experimentierfeld dar», sagt sie.

Die Ausstellung versammelt Werke von den Anfängen der Kunsthalle Wil bis heute.

Die Ausstellung versammelt Werke von den Anfängen der Kunsthalle Wil bis heute.

Bild: Benjamin Manser

Und gibt gleich ein Beispiel einer Ausstellung, bei der die Grenzen zwischen Kuratieren und Kunstschaffen verschwimmen. Zusammen mit einer Kollegin hat sie in Luzern verschiedene Künstlerinnen und Künstler dazu eingeladen, die Decke von Sauställen zu bemalen und den Tieren so einen Blick auf den Himmel zu ermöglichen, der ihnen normalerweise verwehrt bleibt.

Kunst der Masse näher bringen

Rüeggs «Experiment Kunsthalle» zielt aber auch darauf, sie einem breiten Publikum zu öffnen. «Ich will zeigen, wie Kunst den Alltag zu durchbrechen vermag und einen Perspektivenwechsel ermöglicht», sagt sie. Die Auseinandersetzung mit Kunst könne helfen, neugierig zu bleiben, ist sie überzeugt. Denn Rüegg ist nicht nur Künstlerin, sondern auch Kunstvermittlerin, aktuell beim Forum Würth in Rorschach.

Eines der «Multiples», die in Wil zu sehen sind.

Eines der «Multiples», die in Wil zu sehen sind.

Bild: Benjamin Manser

Zu beobachten, wie Menschen über Kunst denken, die selten ein Museum aufsuchen, sei äusserst spannend. Es ist ein Publikum, das sie auch vermehrt in die Kunsthalle Wil locken will. Ihr schwebt ein intensiverer Austausch mit der Bevölkerung und Institutionen vor, auch Workshops mit Schülerinnen und Schülern sollen in der Kunsthalle Platz finden.

Letztlich soll die Institution dadurch auch bekannter werden. «Als ich in meinem Bekanntenkreis davon erzählt habe, dass ich die Leitung der Kunsthalle übernehme, stellte ich fest, dass viele sie gar nicht kannten, selbst Leute aus Wil.» Es wäre nicht das erste Mal, dass es Rüegg gelingt, Kunst der Bevölkerung näher zu bringen.