Deville-Nachfolge
Schweizer Comedy-Frauen kritisieren SRF in offenem Brief: Struktureller Sexismus in der Comedyabteilung?

Keine einzige Frau steht im Finale um die Nachfolge von Dominic Deville. In einem offenen Brief haben Lara Stoll und Patti Basler happige Vorwürfe von Berufskolleginnen gesammelt. Sie richten sich an die Comedy-Abteilung des Schweizer Fernsehens.

Julia Stephan
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Wendet sich mit ihrer Beschwerde direkt ans SRF: die Satirikerin Patti Basler.

Wendet sich mit ihrer Beschwerde direkt ans SRF: die Satirikerin Patti Basler.

zvg

Wer wird der neue Deville? Stefan Büsser? Gabriel Vetter? Oder Devilles ehemaliger Sidekick Patrick «Karpi »Karpiczenko ? Alle drei Comedians sollen laut «Blick» noch im Rennen sein um den begehrtesten Satireplatz des Schweizer Fernsehens. Den wird Dominic Deville nach seiner letzten Staffel (Start: 12.3.) endgültig räumen müssen. Dass sich unter den drei potenziellen Nachfolgern keine einzige Frau befindet, hat am Wochenende für einigen Aufruhr in der Szene gesorgt. Schliesslich wäre die Schweiz reich an schlagfertigen und humorvollen Frauen, von denen die erfolgreichste (Hazel Brugger) den männlichen Rest in Sachen Erfolg noch weit übertrumpft.

Nun haben Patti Basler und Lara Stoll reagiert. Für einen offenen Brief an SRF-Direktorin Nathalie Wappler, Kulturchefin Susanne Wille und die SRF-Comedy-Abteilung des Fernsehens haben sie anonyme Rückmeldungen von Berufskolleginnen gesammelt. Diese zeichnen ein wenig schmeichelhaftes Bild von einem unprofessionell geführten Humordampfer. Es ist die Rede von schlechter Bezahlung, schlechter und intransparenter Kommunikation und von Ideenklau, der im kleinen wie im grossen Stil stattfinden würde.

«Sympathische Männer» bevorzugt

Den Künstlerinnen würde vermittelt, dass das Schweizer Publikum «sympathische Männer, mit denen man gerne ein Bier trinken würde», bevorzuge. «Diese Sehgewohnheit wird weiterhin reproduziert und sogar gefördert», schreiben Basler und Stoll. Zudem würden Inputs aus weiblicher Perspektive abgetan mit der Begründung, das Zielpublikum spräche nicht darauf an. Dass neben Basler und Stoll niemand mit Namen hinter die Vorwürfe stellen möchte, begründen die Frauen mit der Monopolstellung des Schweizer Fernsehens, der für Satirikerinnen immer noch der wichtigste Arbeitgeber sei. SRF hat sich zu den Vorwürfen bislang noch nicht geäussert.

«Frauen sind ‹ein Versprechen für die Zukunft›, sie müssen sich nur noch etwas gedulden. Wenn der kränkelnde Patient SRF auf dem letzten Sterbebett liegt, wird man sie vielleicht holen. Die Palliativ-Pflege hat man schon immer gerne Frauen überlassen. Ich habe noch Hoffnung für den Sender», lässt sich Basler, die als eine der besten des Satirefachs gilt, zitieren.

Ihre Wortmeldung ist selbst eine satirische Antwort auf die Stellungnahme, mit der das SRF gegenüber der «Schweizer Illustrierten» das Fehlen der Frauennamen begründet: «Wir haben für die Nachfolge eine ganze Reihe von Künstlerinnen und Künstler für verschiedene Rollen diskutiert und gecastet. Auch darüber hinaus setzen wir uns im Bereich Comedy intensiv für Talentförderung ein und bieten Workshops und Auftrittsmöglichkeiten – und wir begleiten junge Talente auf ihrem Weg, wie zum Beispiel Reena Krishnaraja, die im letzten Jahr den Nachwuchspreis ‹SRF 3 Best Talent Comedy› an den Swiss Comedy Awards gewinnen konnte. Oder wie im Vorjahr Caro Knaack, die ebenfalls diese Auszeichnung erhalten hat. Beide sind ein Versprechen für die Zukunft.»