Mit Pulsart hat sich in St. Gallen erstmals ein 2018 in Vorarlberg gegründetes Ensembles präsentiert, das sich ganz zeitgenössischer Musik widmet. In zwei Uraufführungen überzeugte es durch präzise Performance.
Neue Musik muss man live erleben und man muss sie sehen. Etwa Edgard Varèses «Ionisation» für Schlagwerkensemble. Pulsart hat mit diesem fantastischen Stück, das zweimal gespielt wurde, gezeigt, dass es die Kunst des musikalischen Pulses beherrscht. So archaisch rituell wie industriell grosstadtlärmig zelebriert das Stück von 1931 die Spaltung und Zusammenfügung von Klang, das Integrieren und Sezieren von rhythmischen Mustern.
Pulsart wurde 2018 am Vorarlberger Landeskonservatorium in Feldkirch gegründet und hat bei seinem Auftritt im St. Galler Pfalzkeller (im Rahmen der «Contrapunkt»-Reihe) unter dem genauen Dirigat von Benjamin Lack durch Präzision und Engagement überzeugt. Ein solches, rein der zeitgenössischen Musik und der klassischen Moderne verpflichtetes Ensemble bietet jungen Studierenden die einmalige Chance, sich intensiv mit zeitgenössischer Musik auseinanderzusetzen.
Pulsart ist zudem für junge Komponisten eine geeignete Plattform, ihr Schaffen erstmals professionell umgesetzt zu hören. Vom jungen Vorarlberger Raphael Lins, erst 21-jährig, war ein überzeugendes, qualitativ ansprechendes «Konzert für Vibraphon und Ensemble» zu hören, das letztes Jahr entstand. Der junge Komponist denkt das Vibraphon in gesanglichen, klangschönen Farben, inszeniert das Konzert mit geschickten Rückgriffen auf spätromantische Tradition und überlässt sich in den Solopartien für das Vibraphon überzeugend einer fast kindlich versponnenen Verspieltheit. Nach einem feinsinnig rituellen Mittelsatz gewährte die Komposition im Finale dem Solisten Slavik Stakhov, Dozent am Landeskonservatorium, viel Raum für kecke und anspruchsvolle Virtuosität.
«Sie dürfen es hören, wie Sie es wollen», sagte der Komponist der zweiten Uraufführung, der 1987 geborene Tristan Uth. Seine «Musik für Kammerorchester» wirkt offen, in allen Sätzen deutlich an der Natur, ihren Geräuschen, ihrer Stille und Kraft orientiert. Uth selbst sass im Yogasitz vor dem Ensemble, um im dritten Satz rituell und fast als Meditationsmusik angelegt, die speziellen sphärischen Töne seines Klangsteins, des Lithophons, zu gestalten. Moderne Musik kann hochemotional sein, das bewies das überzeugend interpretierte Konzert op 24 von Anton Webern. Obwohl schon über achtzig Jahre alt, erwies es sich gerade in seiner Reduktion und zwölftonalen Kompromisslosigkeit als das modernste, vielleicht spannendste Werk des Abends.