Im Greuterhof Islikon zeigt die Frauenfelder Theaterwerkstatt Gleis 5 «Der alte Mann und das Meer». Ernest Hemingways Novelle wird zu einem poetischen Freilichtspiel.
Wie passt die Weite des Meeres in einen Innenhof? Das Theater kann das. Denn Theater erzählt eine Geschichte mit Bildern und erzeugt neue Bilder im Zuschauer. Steht die Bühne unter freiem Himmel, bleibt der Raum nach oben offen, und die Fantasie bekommt Flügel. Gerade jetzt, im Greuterhof Islikon. Da zeigt die Frauenfelder Theaterwerkstatt Gleis 5 ihr viertes Kammerspiel: «Der alte Mann und das Meer», frei nach Hemingways Novelle.
Der alte Fischer Santiago fährt jeden Tag hinaus aufs offene Meer, seit 84 Tagen hat er nichts mehr gefangen. Dann endlich beisst ein Fisch an, ein Schwertfisch, lang und schwer. Der Kampf beginnt, der Kampf ist verbissen, er dauert drei Tage. Wer wird ihn gewinnen?
Ernest Hemingway erzählte in seiner Novelle, wie der Mensch mit der Natur ringt. Noce Noseda (Dramaturgie) und Carin Frei (Regie) belassen den Grundtenor, konzentrieren die Handlung und weiten sie zugleich aus.
Santiagos Gehilfe Manolin tritt nicht auf, die Gespräche der beiden werden zum Monolog des Fischers. Oft geht es um Baseball, um den erfolgreichen Spieler Joe DiMaggio, Idol und Vorbild für Santiago. Er verfolgt die Spiele am Radio – und Joe DiMaggio wird lebendig. Ebenso Marilyn Monroe, mit der er kurze Zeit verheiratet war. Die beiden treten als Personen wie als Erzähler auf: Halluziniert Santiago während seines Wartens und Ringens?
Herrlich spielt die Inszenierung mit den Kontrasten männlich und weiblich, schlicht und glamourös, wirklich und fiktiv. Überzeugend und grandios sind die Schauspieler: Jean Martin Roy als müder, resignierter und grummeliger Santiago; Adele Raes ist eine wandlungsfähige, bezaubernde Marilyn und singt im weissen Faltenrock «I Wanna Be Loved By You»; Noce Noseda als Joe DiMaggio wirbelt mit dem Baseballschläger über den Hof – und mit Marilyn das Boot im Kreise.
Und immer wieder streuen Akkordeonist Goran Kovačević und Vincenzo Ciotola (Gitarre) zarte Klänge und Kontrapunkte ein – auch die Musik hält das Stück zusammen, das ohne Pause gespielt wird.
Raffiniert verwebt die Inszenierung reale und traumhafte Ebene. Leitmotive sind das Löwengebrüll in Santiagos Traum und die Leinen, die er auswirft und die auch zu Fesseln werden in seinem Kampf gegen die allmächtige Natur. Der grosse Schwertfisch aber ist nie zu sehen. «Am Ende ist alles flüchtig», sagt Marilyn einmal.
Vorstellungen: Di–Sa, 20.–31.8. Karten gibt es hier