Konzertchor: Dem neuen Dirigenten gelingt ein hervorragender Start

Der Konzertchor Luzern beeindruckte mit anspruchsvollen Chorwerken. Unter dem neuen Dirigenten Philipp Klahm zeigte er sich in den kontrastreichen Stimmungen bei Puccini und Verdi als variabler Klangkörper.

Gerda Neunhoeffer
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Dirigent Philipp Klahm bei seiner Premiere mit dem Konzertchor.Bild: Corinne Glanzmann (21. Oktober 2018)

Dirigent Philipp Klahm bei seiner Premiere mit dem Konzertchor.Bild: Corinne Glanzmann (21. Oktober 2018)

Wie wird der Konzertchor Luzern unter seinem neuen jungen Dirigenten Philipp Klahm klingen? Den vielen Zuhörern im KKL-Konzertsaal sah man gestern Vormittag die Spannung und Neugier in den Gesichtern an, und mit herzlichem Applaus wurde der Chor bei seinem Auftreten begleitet, bis alle ihren Platz auf der Bühne eingenommen hatten.

Im Interview mit unserer Zeitung vom letzten Mittwoch hat Philipp Klahm eingehend über seine Probenarbeit gesprochen. Nun konnte man hören, wie sich die Chortradition nach den 45 Jahren unter Peter Sigrist sowohl fortsetzt als auch neu orientiert. Klahm hat einen Chor übernommen, der schon lange mit guter Textverständlichkeit und breitem Klangspektrum überzeugte. Darauf aufbauend konnte der neue Dirigent sein erstes Konzert mit ausgesprochen anspruchsvollen Chorwerken wagen, und in Giacomo Puccinis «Missa di Gloria» beeindruckten die vielen Sängerinnen und Sänger mit Flexibilität und weit gefächerter Dynamik.

Flehentliche Bitte um Friede auf Erden

Der «Kyrie»-Choreinsatz nach der lichten Einleitung der Camerata Musica Luzern mit Konzertmeisterin Judith Müller wirkte noch etwas unsicher, aber schon im markanten «Christe eleison» war der Chorklang einheitlich. Leicht schwingend begann das «Gloria» in den Frauenstimmen, kraftvoll wiederholten die Männerstimmen das Thema, das «Et in terra Pax» wurde flehend im Piano gesungen und steigerte sich zuversichtlich zu Lob und Preis.

Ausdruckstarker Konzertchor Luzern. Bild: Corinne Glanzmann (21. Oktober 2018)

Ausdruckstarker Konzertchor Luzern. Bild: Corinne Glanzmann (21. Oktober 2018)

Da wurden die Klänge in dichtem Legato gestaltet, das Orchester unterstützte mit feinen Soli in den Bläsern und exaktem Paukenspiel. Roberto Gionfriddo, der für den Tenor Daniel Klug eingesprungen war, sang das «Gratias agimus» ausdrucksvoll und mit müheloser Höhe. Opernhaft und in straffem Tempo begannen die Bässe das «Qui tollis», das «Gloria» der Messe lebte von starken Gegensätzen. Die komplizierte Fuge geriet anfangs etwas ins Wanken, aber Philipp Klahm hatte das Ensemble schnell wieder auf Kurs und entfaltete grosse Steigerungen; der Chor folgte aufmerksam und meisterte die chromatischen Wendungen hervorragend.

In kraftvollem Unisono entwickelte sich das «Credo» zu inniger Glaubensbezeugung, die leisen Triolen-Begleitfiguren im Orchester zum Text «Visibilium omnium et invisibilium» («aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge») verliehen den lang gedehnten Tönen des Chores besondere Intensität. Tenorsolo und leiser Chor ergänzten sich eindrucksvoll im «Et incarnatus», das «Cruzifixus» wurde von Konstantin Wolff mit fundiertem Bass gesungen, und die Steigerung im Orchester zum Choreinsatz «Et resurrexit» gelang aufwühlend. Hier wurden die Kontraste zwischen schwebender Leichtigkeit und opernhafter Dramatik, intensiver Klangdichte und Zuversicht zum ewigen Leben grossartig interpretiert. Die hohen Töne im «Sanctus» klangen leicht angestrengt, und im fast tänzerischen «Agnus Dei» liess die Spannung etwas nach.

Grosse Herausforderung für Chor und Orchester

Im Gegensatz zu Puccinis Werk, das er mit 21 Jahren komponiert hat und das sein Opernschaffen ahnen lässt, hat Verdi sein «Stabat Mater» mit 84 Jahren geschrieben. Der archaische Unisono-Beginn des Chores, der von Seufzer-Motiven in den Streichern aufgenommen wurde, fächerte sich in eine Vielfalt von Stimmungen auf.

Es war eine grosse Herausforderung für Chor und Orchester, die immensen Steigerungen, das Innehalten und die heikle Intonation zwischen Oper und Gebet zu bewältigen. Die Kontraste wurden ausdrucksvoll gestaltet, und der Text wurde rhythmisch genau deklamiert. Nach den paradiesischen Klängen am Ende herrschte atemlose Stille, bevor der Beifall aufbrandete.