Die international bekannte Künstlerin Miriam Cahn reagiert auf die Bührle-Debatte. Sie will mit ihren Werken nicht mehr im Kunsthaus Zürich vertreten sein.
Es ist eine Ansage: Miriam Cahn zieht ihre Bilder aus dem Kunsthaus Zürich ab. Die Schweizer Künstlerin, die in international renommierten Häusern wie dem Museum of Modern Art (MoMA) in New York vertreten ist, will mit Hilfe ihrer Galerien ihre Werke zum Originalpreis des Ankaufs zurückkaufen. Dies meldet das jüdische Wochenmagazin «Tachles» am Mittwoch.
Seit Eröffnung des Erweiterungsbaus und der dort ausgestellten Sammlung des Waffenfabrikanten Emil G. Bührle reisst die Kritik am Kunsthaus nicht ab. Bisher ist es weder der Stiftung E.G. Bührle, noch den Verantwortlichen seitens des Kunsthauses gelungen, Zweifel im Umgang mit der Sammlung - insbesondere an der Aufarbeitung von möglichem NS-Raub- und Fluchtgut - aus dem Weg zu räumen. Daran hat auch die vergangene Woche einberufene Medienkonferenz wenig geändert.
Man beurteile gemäss eigener Provenienzforschung keines der Werke als problematisch, auch wenn bei rund 90 Werken die Herkunft nicht lückenlos geklärt ist. Lukas Gloor, abtretender Direktor der Stiftung, machte zudem deutlich, dass die Bührle-Stiftung den Begriff «NS-verfolgungsbedingter Entzug» nicht verwenden wolle, der Begriff treffe für die Schweiz nicht zu. Alexander Jolles, Präsident der Sammlung, führte in deutlichen Worten aus: «Juden in der Schweiz in den Kriegsjahren mussten nicht um ihr Leben bangen, sie mussten nicht um ihr Eigentum, um ihr Hab und Gut bangen, es gab hier keine staatliche Verfolgung und daher ist die Situation anders und soll auch in den Einzelfällen berücksichtigt werden.»
Der Israelitische Gemeindebund (SIG) kritisierte darauf das «zweifelhafte Geschichtsbewusstsein» rund um die Bührle-Sammlung und der jüdische Verein «jvjp.ch» wandte sich in einem offenen Brief an die Zürcher Stadtpräsidentin Corinne Mauch. Und auch für Miriam Cahn ist damit eine Grenze überschritten. Auf diese und ähnlich getätigte Aussagen bezieht sich die Künstlerin in ihrem Schreiben an «Tachles»:
«ICH JÜDIN denke nicht daran den üblen Inhalt dieser Bemerkungen von Herrn Jolles zu entschlüsseln – erkläre Antisemiten niemals ihren Antisemitismus! (…) ICH KÜNSTLERIN möchte daher nicht mehr in diesem Zürcher Kunsthaus vertreten sein und möchte sämtliche meine Arbeiten vom Kunsthaus Zürich abziehen (...)»
Cahn kritisiert die Vereinbarungen zwischen dem Zürcher Kunsthaus, der Kunstgesellschaft, der Zürcher Regierung und der Sammlung E.G. Bührle als intransparent. Den beteiligten Akteuren wirft sie «Geschichtsblindheit» vor und schreibt dazu: «Kunst kaufen wäscht nicht weiss! Kunst sammeln macht nicht zum besseren Menschen!»
Dem Kunsthaus selbst hat Cahn ihre Absichten noch nicht mitgeteilt, wie Kommunikationsleiter Björn Quellenberg auf Anfrage schreibt:
«Sollte Frau Cahn ihr Anliegen beim Kunsthaus deponieren, werden wir das persönliche Gespräch mit ihr suchen.»
Solange das Kunsthaus nicht kontaktiert werde, könne man sich aber noch nicht seriös zu dem Vorhaben äussern. Derzeit befinden sich 31 Werke von Miriam Cahn im Eigentum des Kunsthauses. Weitere 13 Werke seien als Dauerleihgaben im Kunsthaus deponiert.
Das Kunsthaus Zürich mag naiv gewesen sein als es annahm, ein Dokumentationsraum zur Bührle-Sammlung würde Kritiker zufriedenstellen. Kritische Medienberichte drängten zu raschem Handeln. Inzwischen wurden die ausgestellten Werke um QR-Codes ergänzt, die zu betreffenden Provenienzen führen, es gibt ein «Digitorial» und seit Dezember thematische Führungen.
Diese Massnahmen sind kleine Schritte, über die der Druck auf das Kunsthaus nicht abnimmt. Die Reaktion von Miriam Cahn und der Abzug prominenter Werke ist ein selbstbewusstes Statement und dürfte weitere Wellen schlagen.