Knopf
Von Lummerland in die Welt – Jim Knopf feiert Geburtstag

Vor 50 Jahren kletterte ein kleiner Junge aus einem Postpaket: Jim Knopf. In der ganzen Welt werden seither die Abenteuer gelesen. Dabei hatte es der Autor zu Beginn schwer.

Drucken
Jim Knopf

Jim Knopf

Elke Vogel, dpa

Keiner wollte Michael Ende diese Geschichte abkaufen. Ein Dutzend Verlage schickten ihm das 500-seitige Manuskript von «Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer» mit dem Vermerk «abgelehnt» zurück. Lotte Weitbrecht vom Stuttgarter Thienemann-Verlag erkannte das Potenzial des Werks. Vor 50 Jahren, am 9. August 1960, erschien der erste «Jim Knopf»-Band.

Ende (1929–1995) gelang damit lange vor «Momo» und «Die unendliche Geschichte» der Durchbruch. Jim Knopfs Abenteuer sind heute in 33 Sprachen übersetzt und auch auf Thailändisch, Hebräisch, Paschtunisch, Estnisch, Albanisch und Arabisch zu lesen. 4 Millionen Bücher wurden weltweit verkauft. Die Augsburger Puppenkiste machte Jim und Lukas zu «Stars an Fäden» für das Fernsehen.

Per Postpaket landet der schwarze Waisenjunge Jim eines Tages auf der kleinen Insel Lummerland. Die Bewohner Frau Waas, Lukas der Lokomotivführer, Herr Ärmel und König Alfons der Viertel-vor-Zwölfte nehmen das Kind liebevoll auf. Als Jim grösser wird, ist aber schnell klar: Die Insel ist zu klein für alle. Der König entscheidet: Lukas’ Lokomotive Emma muss weg. Eines Nachts verlassen Jim, Lukas und Emma deshalb die Insel, um eine neue Heimat zu suchen. Sie kommen in ein fernes asiatisches Land, wo helle Aufregung herrscht: Prinzessin Li Si wurde in die Drachenstadt Kummerland entführt. Natürlich helfen die beiden Freunde bei ihrer Befreiung.

Ende führt seine Helden durch fantastische Landschaften. Sie begegnen dem sagenhaften Scheinriesen Tur Tur, dem frustrierten Halbdrachen Nepomuk, dem winzig kleinen Ping Pong, dem fürchterlich scheusslichen Drachen Frau Mahlzahn und der Piratenbande Wilde 13.

«Diese etwas skrupellose Mischung aus Märchen, Abenteuergeschichte und Science-Fiction-Elementen, die das Ganze hatte, die aber natürlich dem Spielbedürfnis vieler Kinder sehr entspricht, war damals etwas Neues», erklärte Ende die Wirkung seiner Geschichte, die auch von der Suche Jims nach seiner Herkunft handelt.

Zeichner F.J. Tripp gab den Figuren ihr typisches freches Aussehen: Jim mit rotem Rolli, kurzer Hose und der Eisenbahnermütze auf dem Kopf. Sein Freund Lukas in blauer Arbeitskluft und mit Pfeife im Mundwinkel. Und beide mit einem breiten Lächeln im Gesicht.

Die Originalzeichnungen von Tripp sind in den heute verkauften Bänden «Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer» (1960) und «Jim Knopf und die Wilde 13» (1962) immer noch zu sehen. Er illustrierte auch Boy Lornsens «Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt» und Otfried Preusslers «Räuber Hotzenplotz». Nach Motiven von Ende gibt es inzwischen einige Bände mit Nach- und Weitererzählungen, die seit 2005 der Zeichner Mathias Weber illustriert – ohne aber Tripps Figuren ihre Charaktermerkmale zu nehmen. Zum Geburtstag erscheint unter anderem der Sachgeschichten-Band «Jim Knopf findet’s raus!», in dem er alles rund um Vulkane, Lokomotiven, Wüsten und das Verliebtsein erfährt.

Die Vermarktung von Jim Knopf geschieht bis heute behutsam, sodass die Figuren in den Köpfen der Leser weiterleben können. Das Marionettentheater Augsburger Puppenkiste brachte Jim und Lukas in den 60er- und 70er-Jahren ins Fernsehen. Das Lummerland-Lied «Eine Insel mit zwei Bergen» wurde in den 90er-Jahren in einer Techno-Dance-Version zum Disco-Hit. Es gibt kongeniale Hörspiele und ein Kindermusical mit Musik von Liedermacher Konstantin Wecker. In der ARD laufen regelmässig Wiederholungen einer 52-teiligen deutsch-französischen Zeichentrickserie.

«Ich habe die Geschichte damals mit einer grossen Unschuld geschrieben. Ich hatte mir überhaupt nichts davon versprochen, hatte das Buch einfach nur mir selbst erzählt», sagte Ende einmal. Doch sein erstes Kinderbuch wurde auch sein erster Erfolg. Und Jim blieb Endes «erste Liebe», wie er meinte.

Jim Knopf findet’s raus! – Geschichten über Lokomotiven, Vulkane und Scheinriesen. Thienemann-Verlag, Stuttgart. 208 S., Euro 14.90, ab 6 Jahren. Alles Gute zum Geburtstag, Jim Knopf! Thienemann-Verlag, Stuttgart., 32 S., Euro 11.90, ab 4 Jahren. Wie Jim Knopf nach Lummerland kam. Thienemann-Verlag, Stuttgart. 24 S., Euro 6.95, ab 2 Jahren. Hörspiele mit Ulrich Noethen, Jörg Schüttauf und Wolfgang Völz. Der Audio-Verlag, Berlin. Teil 1, 246 Min., Euro 14.99, Teil 2, 158 Min., Euro 14.99.