Solo
In der Welt der grossen Gefühle

Der perfekte Abend in Solothurn: Ohne Wettersorgen entfaltete sich das vielgestaltige Gala-Programm «freiluftig» zum Vergnügen des Publikums im voll besetzten Auditorium mit zauberhaftem Schanzen-Ambiente.

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Gala

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Solothurner Zeitung

Gundi Klemm

Immer wolkenloser und strahlender wurde der Himmel, bis nach dem Eindunkeln sogar Sterne funkelten. Bei angenehmen Temperaturen genoss das Publikum den Konzertabend, den diese Zeitung und der Industrielle Hugo Mathys finanziell unterstützten. Eine unvergessliche Stimmung der gesamten Freilicht-Kulisse, mit betörendem Duft der Linden und den mit dem Gesang wetteifernden Mauerseglern. Die bekannte Klarinettistin Franziska Baschung geleitete durch die musikalischen Kostbarkeiten dieses Festivalteils, indem sie die leicht szenisch ausgeschmückten Auftritte episodisch in die Handlung der jeweiligen Oper einbettete. So reihten sich Höhepunkte europäischer Opernliteratur aneinander, und etliche der Stimmen berauschten nicht nur den gastgebenden Openair-Organisator Dino Arici, sondern erst recht das Publikum.

Traumschöne Stimmen

Mario Malagnini, der sich mit der Arie «Nessun dorma» aus Puccinis «Turandot» und einer Partie aus Verdis «Othello» unauslöschlich in die Herzen der Zuhörer sang, liess erleben, wozu begnadete Tenöre in der Lage sind: brillante Aussprache, eine in ihrem gesamten Umfang begeisternde, sanfte Stimmschönheit, die zu erregenden Steigerungen fähig ist. Die Opernfreunde gaben ihrem Glück mit Trampeln und Klatschen Ausdruck. Dann Jörg Schneider, dessen wahrlich samtene, geschmeidige Stimme etwa in der Partie «Il mio tesoro» aus Mozarts «Don Giovanni» oder im «Uhren-Duett» aus der Straussschen «Fledermaus» in tiefere Bewusstseinsschichten vordrang.

Partnerin Judith Halasz gefiel insbesondere im abschliessenden Koloraturteil. Für ein echtes Highlight, das im leicht geänderten Programm nicht aufgeführt war, sorgte der sich diesmal ohne Haupthaar präsentierende Antonio Siragusa in seinem souverän vorgetragenen Ausschnitt aus «La Fille du Régiment» von Gaetano Donizetti, begleitet von 23 Chorsängern der Bulgarischen Staatsoper Russe. Als einer der drei einzigen Sänger auf der Welt, die ein so offen klingendes hohes C singen können, riss er zu Beifallsstürmen hin.

In der Aufzählung darf der überragende Bulgare Plamen Beykov, der sich sprachlich und stimmlich als artistischer Könner zu erkennen gab, nicht vergessen werden. Dringend erwähnt werden muss Andres de Castillo mit seiner gefühlvollen Arie aus Verdis «La Traviata». In diese Solistenreihe mit dem hervorragenden Boiko Zvetanov an der Spitze als häufigem Gast in Solothurn, des weiteren Momchil Milanov, Alexander Grupev, Stilyan Minchev gehört auch Interpret Vladimir Petrov, dessen nuancierte, melodisch gestaltende Stimme in einer in der Originalsprache Russisch vokalreich gesungenen Partie aus Tschaikowkys «Eugen Onegin» so sehr gefiel. Entzücken löste in der Vielfalt des Gebotenen ebenso der Vortrag von Ivaylo Dzhurov mit seiner Arie aus Rossinis «Barbier von Sevilla» aus.

Nadelmann musste pausieren

Offenbar war Noëmi Nadelmann, auf deren im Programm angekündigten Auftritt man vergeblich wartete, weiterhin zur Schonung ihrer Stimme gezwungen. Dafür standen eine Fülle überzeugender Sängerinnen auf der Bühne. Bei einer der legendären Reisen der Solothurner Classic-Openair-Freunde durch Bulgarien vor drei Jahren entdeckt waren die junge Sängerin Nelea Crav-chenko - gekleidet in schwarz-roter Robe - in Stimme und Aussehen ebenso wie die rassige Daniela Karaivanova ein klarer Gewinn für dieses Festival.

Glitzernd in Erscheinung und Gesang wirkte auch die in Japan laut Moderatorin Baschung sehr bekannte Sopranistin Shinobu Sato. Leicht spürbar - insbesondere im Duett mit Malagnini «Gia nelle notte densa» aus Verdis «Othello» - war eben doch die etwas andere Tradition asiatischer Stimmbildung. Grosse Auftritte, die viel Kraft erfordern, gestaltete die Sopranistin Noburo Aomori, die über ein ausgeprägtes Vibrato verfügt. Im humoristisch ausgeformten Quintett «Buona Sera» mit vier Sängern aus «Der Barbier von Sevilla» machte Petya Tsoneva angenehm auf sich aufmerksam.

Zum Auftakt erklang - rhythmisch federleicht vom Orchester der Bulgarischen Staatsoper gespielt - die Ouvertüre zu Bizets «Carmen». Für die gesamte Konzertdauer blieb das Instrumentalensemble ein exakt und sensibel begleitender Partner. Das grosse Finale bestand aus einem Auftritt des 50-köpfigen Gesamtchors mit Tänzen aus «Fürst Igor» von Alexander Borodin, dessen Vortrag durch drei elfengleiche Tänzerinnen und drei ethnisch mehr bodenständige Tänzer choreografisch umrahmt wurde. Und der aufgehende Mond beschien danach den nochmaligen Auftritt aller beteiligten Stars an dieser Solistengala.