Startseite
Kultur
Das Programm 2014/2015 des Opernhauses Zürich bietet einen Mix aus Stars und jungen Künstler, aus Raritäten und Repertoire-Klassikern. Zur Überraschung aller verkündete Intendant Andreas Homoki, dass Alexander Pereira nach Zürich zurück kehrt.
Herrscht nach zwei Jahren der Intendanz von Andreas Homoki in Zürich bereits «courant normal»? Oder haben wir uns so schnell an die Frische, an die laufend neuen Namen und an das forsche Selbstbewusstsein des Teams um den Intendanten Andreas Homoki gewöhnt? Bei der Saisonpräsentation der dritten Spielzeit am Mittwochmorgen hatte man das – gute – Gefühl, dass dieses Team in Zürich angekommen ist: Generalmusikdirektor Fabio Luisi lässt den Ballettchef Christian Spuck ausreden, Homoki selbst übergibt der Operndirektorin Sophie de Lint gerne das Wort. Sogar für Ironie hatte es Platz.
«Alexander Pereira kehrt in seiner besten Rolle ans Opernhaus Zürich zurück», sagte Chefdirigent Fabio Luisi mit einem so sanften Lächeln, dass es seinem Co-Chef Homoki gleich sichtbar anders wurde. Das «P»-Wort wollte wohl gar nicht erwähnt sein. Da aber Alexander Pereira wie in alten guten Zürcher Operntagen – Juni 1993 wars das erste Mal! – im Februar 2015 erneut in Richard Strauss’ «Ariadne auf Naxos» die Sprechrolle des Haushofmeisters spielt, kam man nicht um den ehemaligen Direktor herum. Vielleicht gehört dieses Engagement auch schon zur neuen Coolness des Hauses.
Auch für Nucci und Santi hats Platz
Neben Pereiras Name glänzen im Programm auch jene der echten Opernstars so hell wie einst bei Pereira, wenn auch nicht so oft: Anna Netrebko singt in «Anna Bolena»,
Diana Damrau in «Elisir d’amore», Cecilia Bartoli in «La Cenerentola», Joice diDonato in «Capuleti e i Montecchi», Anette Dasch in Martins «Juliette», Evelyne Herlitzius in «Die Frau ohne Schatten». Tenorprinz Juan Diego Flórez gibt einen Liederabend. Und selbst für Bariton-Legende Leo Nucci wie auch für Zürichs Dirigentenfossil Nello Santi wurde ein Plätzchen gefunden. Die Kirche bleibt im Dorf.
Es sind Nebenschauplätze. Die Musik spielt schliesslich an den Premieren, hier liegt das Augenmerk der Klassikwelt. Umso unverständlicher und schade ist es, dass die Saison gleich mit einem Dämpfer beginnt: Nichts gegen einen neuen «Lohengrin» zur Saisoneröffnung, der von Homoki inszeniert wird. Aber muss er ihn zuerst in Wien zeigen (Premiere 12. April)?
Gemäss Kulturauftrag stärkt man das 20. Jahrhundert, zeigt Bohuslav Martinus (1890–1959) selten zu sehende «Juliette», spielt ein Jahr nach dem Benjamin-Britten-Jahr 2013 auch «The turn of a screw» (Regie Willi Decker) und wagt sich erst mal an eine grosse Uraufführung: Der Deutsche Christian Jost (*1963) komponiert die Oper «Rote Laterne».
Auch im Barock-Repertoire wagt man etwas, spielt nicht die Klassiker wie in der laufenden Saison, sondern mit «La Verità in cimento» erstmals eine Oper von Antonio Vivaldi. Endlich! Das Vivaldi-Forschungslabor in Turin (verstärkt durch das Label Naive) zeigt uns seit mehr als zehn Jahren, wie grossartig diese Opern sind.
Die Vivaldi-Oper macht sich bestens im bunten Homoki-Mix, zu dem naturgemäss auch zwei, drei fette Klassiker gehören: Mozarts «Zauberflöte» (inszeniert von Tatjana Gürbaca), Verdis «Traviata» (Anita Hartig in der Titelrolle) und «Lohengrin» (mit Bayreuth-Star Klaus Florian Vogt).
Ballett-Chef Christian Spuck kann auf eine künstlerisch wie finanziell famose Saison 2013/1014 zurückblicken: Er startet erneut mit einer grossen Literaturvorlage, mit Leo Tolstois getanzter «Anna Karenina». Der Abend wird mit Musik von Witold Lutoslawski und Sergei Rachmaninov unterlegt. Später dann choreografiert Patrice Bart, Ballettchef in Paris, Adolphe Adams Klassiker «Giselle». Dabei wird es zu Gaststar-Auftritten kommen, unter anderem tanzt Scala-Star Roberto Bolle, Italiens Tanz- und Werbe-Ikone.
Aut Luisi, aut nihil
Auffällig, wenn nicht gar erschreckend ist die Flut an No-Names bei den Dirigenten sowohl bei den Premieren, aber vor allem bei den Wiederaufnahmen: schon mal etwas von Constantin Trinks, Michael Zlabinger, Ermanno Florio, Enrique Mazzola, Giancarlo Andretta, Henrik Nanasi, Christopher Moulds, Markus Poschner, Michele Mariotti, Giacomo Sagripanti oder Andriy Yurkevych gehört? Wir nicht. Wo sich einst die Harnoncourts, Dohanyis, Mehtas, Welser-Mösts und Chaillys die Türklinke in die Hand gaben, steht der viel beschäftigte Chefdirigent Fabio Luisi fast alleine in der Brandung. Aber klar: Irgendwo muss Geld gespart werden, wenn man im Spiel der grossen Sänger und teuren Regisseure nach wie vor glänzen will.
Andreas Homoki sagte zu Beginn der Präsentation, dass man das Wort «Öffnung» in den ersten zwei Jahren oft gesagt habe. «Oper für alle» heisst es dennoch bereits am 21. Juni: Dann gibt es «Rigoletto» auf einer 85-Quadratmeter-Grossleinwand auf dem Sechseläutenplatz zu sehen.