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Die Begeisterung über den Sieg von Lena Meyer-Landrut am Eurovision Song Contest treibt seltsame Blüten. Politiker fordern das Bundesverdienstkreuz für Lena und Stefan Raab - auch soll eine Strasse nach der 19-jährigen Hannoveranerin benannt werden. Willkommen im ganz normalen Lena-Wahnsinn.
Sven Zaugg
«It's awesome», schreit die quirlige Hannoveranerin ins Osloer Presszentrum. Die Korken knallen, der Schampus spritzt, die Menge bejubelt die 19-jährige Gymnasiastin. Neben ihr grinst der Raab ein noch breiteres Grinsen als sonst. Ihr Mentor weiss, Deutschland liegt Lena zu Füssen, wegen ihm. Er hat wieder einmal kühn kalkuliert und: gewonnen - für Deutschland. Alle möchten ein bisschen Lena, ein bisschen Ruhm. Frieden und Sonne, von wegen...
Lena Meyer-Landrut sorgte am Samstag für das deutsche Eurovisions-Märchen seit 28 Jahren. Damals, 1982, besang die zierliche Nicole den Weltfrieden, auf den die Deutschen heute noch warten. Lena indessen scheint ein Phänomen zu sein. Sie verspricht nichts, singt unbefangen von der grossen Liebe, für die sie zu kämpfen bereit ist. Sie ist das Mädchen von Nebenan, ein Normalo, auf den die Deutschen seit 28 Jahren gewartet haben. Was solls, dass die jugne Frau scheinbar alles tut, um in die Gazetten zu gelangen.
Politiker fordern Bundesverdienstkreuz für Lena
CDU-Medienexperte Marco Wanderwitz sagt dem Blatt, Meyer-Landrut und Raab hätten Europa beeindruckt und sollten deshalb das Verdienstkreuz erhalten. FDP-Medienexperte Burkhardt Müller-Sönsken bekräftigte: «Lena hat mit ihrem Song in wenigen Minuten alle fasziniert. Sie hat es absolut verdient, das Bundesverdienstkreuz zu erhalten.»
Die «Lena-Mayer-Landrut-Strasse»
Lena scheint ihren Mitbürgern den sehnlichen Wunsch nach Ruhm und Ehre erfüllt zu haben. Gar ein Lorbeerkranz zierte ihr Haupt, als sie in Hannover dem Flugzeug entstieg und von tausenden, frenetisch jubelnden Fans empfangen wurde. Das einzige, was sie zu sagen hatte, war: «Meine Güte! Geht nach Hause, es regnet doch.» Umgedeutet eine Aufforderung zu bleiben. Lena, eine Tiefstaplerin - selbstbewusst und kokett.
Doch die Verehrung für die kleine Lena nimmt derweil immer groteskere Züge an. Der «Stern» tituliert die Hannoveranerin kurzehand als «Erlöserin». Und im oberbayrischen Landkreis Mühldorf soll es bald eine «Lena-Meyer-Strasse» geben. Die Siegerin des Eurovision Songt Contest habe sich diese Würdigung in vollem Umfang verdient, sagt Leo Jugenheimer, der Ortsbürgermeister von Mettenheim im besagten Landkreis.
Sie wird «ihre» Strasse wahrscheinlich nie besuchen, und wenn man die 19-jährige darauf ansprechen würde, so entgegnete sie mit grosser Sicherheit: «Das ist phantastisch, aber das ist auch nicht das Leben.» Ein Lena-Bonmot zu ihrem Sieg in Oslo. Ja, die spinnen eben, die Deutschen!