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Kultur
Wenn Frauen in der Kunst dargestellt werden, sind sie entweder nackt, heilig oder Regentinnen. Oder sie lesen. Letzteres passt doch zur momentanen Situation und zur Jahreszeit.
Die Kunstgeschichte kennt unglaublich viele lesende Frauen. Dafür gibt es zwei Gründe: Frauen lesen mehr, und in Zeiten, als man solche Bilder malte, malten meist die Männer und die Frauen standen Modell. Oder sassen Modell und lasen. Typisch dafür das Ehepaar Macke-Gerhardt. August (1887–1914) hat Elisabeth oft porträtiert, meist lesend, manchmal stickend oder mit Kind und ganz selten nur posierend. 1910, kurz nach der Hochzeitsreise nach Paris, malte er mit französischen Einflüssen, mit den warmen Farben von Matisse und den klaren Linien von Manet.
Der rote Sessel und der weisse Schal umfassen weich die dunkelblau gekleidete Frau, die schwarzen Haare und das dunkle Buch rahmen das Gesicht. Die Lesende ist nur leicht aus der Mitte und der frontalen Ansicht gerückt, das gibt dem Bild Ruhe – ebenso das einheitliche Ockergelb der Wände. Lesen ist eine ruhige Tätigkeit, Turbulenzen ereignen sich im Buch und im Kopf – der Mund kündet jedenfalls von Amüsement.
August Macke starb jung, 1914 an der Front im Ersten Weltkrieg. Aber in seiner kurzen Schaffenszeit malte er Elisabeth oft. Eine Auswahl weiterer Porträts finden Sie hier: https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Elisabeth_Erdmann-Macke?uselang=de