«Klang Moor Schopfe»-Erfinder Patrick Kessler steht mit seinem Kontrabass regelmässig selbst auf Bühnen. Heute Abend im Palace St. Gallen mit vier Gastmusikern. Es ist die letzte Show vor der Sommerpause seines Langzeitprojekts Chuchchepati Orchestra.
Musikalische Berechenbarkeit und vorgefertigte Klangmuster sind nicht die Themen von Patrick Kessler. Zwar spielt er mit seinem Kontrabass hin und wieder traditionellen Jazz oder auch Volksmusik. Viel interessanter für den 52-jährigen, der seinen ersten Kontrabass in der fünften Klasse erhielt, ist das Ausbrechen in eine Soundästhetik, die keiner Konvention unterworfen ist. «Ich breche Muster bewusst.» Kessler spielt nicht nur ohne Noten, sondern manipuliert sein Instrument absichtlich. «Ich verstimme den Bass oder flechte irgendwelche Dinge zwischen die Saiten, um den Klang zu verändern.» Hauptsache, sein Bass klingt anders.
«Meinen Bass habe ich dahingehend verändert, dass es mir nicht mehr möglich ist, die Tonleiter zu spielen.» Dadurch bestehe gar nicht erst die Gefahr, in vorgegebene Muster zu fallen. Pattern, wie sie in der konventionellen Musik üblich seien, also Melodien und repetitive Sequenzen, würden an Jazz-Schulen vermittelt. Das könne man mit Geduld und Fleiss üben. «Die Herausforderung ist es aber, spontan und improvisiert zu spielen.»
Mit seinem Projekt Chuchchepati Orchestra verschiebt Kessler die Grenzen des Unkonventionellen noch weiter. Seit September gastiert er mit Gastmusikerinnen und Musikern monatlich in veränderter Formation im Palace St. Gallen. Heute Abend feiert Kessler im Palace das Finale vor der Sommerpause mit gleich vier Gastmusikern.
Einer von ihnen ist Ludwig Bergen. Er bringt Tonaufnahmen aus Gletscherspalten ins Orchester ein. «Und der Österreicher Dieb 13 steht mit drei Plattenspielern auf der Palacebühne», verrät Kessler. Am E-Bass ist der Elektroniker Billy Roisz und am Schlagzeug Julian Sartorius.
Das Chuchchepati Orchestra ist eine interaktive Kunstinstallation. Auf der Bühne steht auch ein sibirischer Teekocher, ein Samowar. Zuhörerinnen und Zuhörer können sich während des Konzerts eine Tasse Tee einschenken. Die dadurch entstehenden Geräusche werden Teil der Performance.
Nach dem Sommer möchte Kessler das Chuchchepati Orchestra, das er als experimentelles Labor versteht, weiterentwickeln. «Unser Ziel ist es, einen Pool an guten Musikerinnen und Musikern zu haben und das Orchester wachsen zu lassen.» Genau wie bei «Klang Moor Schopfe» interessiert Kessler auch beim Chuchchepati Orchestra die Verbindung zwischen Musik und begehbarer Installation. «Ich bin in einer Schaffensphase, wo es um Installationen geht. Irgendwann kommt dann vielleicht wieder eine andere Phase.» Es sei ihm wichtig, sich im Leben immer wieder auf neue und unbekannte Dinge einzulassen. Auch wenn die Gefahr bestehe, in eine Sackgasse zu geraten.
Hinweis
Chuchchepati Orchester, heute, 18 Uhr und 20 Uhr im Palace St. Gallen, palace.sg