Die 30. Ausgabe des Jazzfests Schaffhausen war reich an Vielfalt mit kleinen Höhepunkten.
Die Jubiläumsausgabe des Festivals wurde mit einem Auftragswerk des Luzerner Komponisten Stephan Hodel eröffnet. Es war keine raffiniert verschlaufte Jazz-Ouverture, sondern ein meditatives Klangerlebnis, atmosphärisch unterstützt von Lichtdesign und Projektionen. Hodel sah sich mit dem sakralen Raum des Münsters konfrontiert, in dem ein Ton fast zehn Sekunden nachhallt. Kam dazu, dass mit der Brassband Bürgermusik Luzern, drei Jodelstimmen und zwei Alphörnern sowie einem Jazz-Saxofonisten ein Spagat stilistischer Eigenheiten zu bewältigen war.
So entschied sich der Komponist für Schlichtheit und Zurückhaltung. Choralartige Passagen wurden aufgefächert und zu kurzen Exploits geführt. Tonal ähnlich gelagerte Sequenzen reihten sich aneinander. Dazwischen intonierten die hellen Naturjuuz-Stimmen, rieselten die Sounds oder entstanden kurzfristig spannende Klanglichkeiten mit den Marimbaphonen. Einen starken Akzent setzten die Saxofonisten und Marc Stucki, der in seinem 20-minütigen Intro-Rezital das Horn in allen Facetten zur sakralen Aufruhr blies.
Wer die formalen Kühnheiten und den Puls des Jazz vermisste, kam einen Abend später mit dem Sylvie Courvoisier Trio auf die Rechnung. Die in New York beheimatete Westschweizer Pianistin hat ihr Erfahrungsrepertoire in Jazz, Klassik und zeitgenössischer Musik mehr denn je verinnerlicht. Das manifestierte sich in kompakten Kurz-Kompositionen und fliessenden Interaktionen mit Drew Gress (Bass) und Kenny Wollesen (Drums). Formale Schlüssigkeit, Präzision und kontrollierte Virtuosität liessen hören, wie reif dieses Trio geworden ist: Mit einer Pianistin, die Groove betontes Spiel, lyrisch-ruhige Passagen und rasante Tastenläufe mit Leichtigkeit und vehement unberechenbar verquicken konnte.
Der 35-minütige Solo-Auftritt des Gitarristen Roman Nowka spaltete die Meinungen. Kann der überhaupt spielen? Nowka hat einen scherbelnden Rock-Sound mit einem Hendrix-Aroma in den Akkorden. Oder er stibitzt sich im Single Note-Spiel durch verwinkelte Kurven, die wohl seiner Beschäftigung mit Monk entspringen. Dass er das Skurrile auch in seinen Ansagen etwas zelebrierte, wäre nicht nötig gewesen.
In stets neuen Inkarnationen entfaltet sich seit bald 50 Jahren der international bekannte Luzerner Christy Doran, der jung und neugierig geblieben ist. Das kompositorische Material wird improvisatorisch ausgeweidet und in oft scharfen Schnitten wieder auf den Punkt gebracht. Die Musik ist zu komplex für Rock, zu rockig für Jazz, zu unpoliert für Fusion. Allerdings war es auch zu wenig emotional für eine nachhaltige Wirkung. Puls und Drang geben den Ton an.
Etwas gar gedämpft wirkte der Auftritt des Quartet Taiga mit dem Pianisten Mac Méan. Der angekündigte «Science-Fiction»-Anteil der Musik reduzierte sich jedoch nur auf ein paar elektronische Deko-Elemente.