Der Thurgauer Künstler Walter Wetter entwarf eine Installation für die Galerie vor der Klostermauer in St. Gallen. «The Fortune Teller» ist eine Hommage an den Regisseur David Lynch. Sichtbar ist sie nur nachts.
Nina Rudnicki
ostschweizerkultur@tagblatt.ch
In den Fenstern der Galerie zur Klostermauer in St. Gallen setzt Blitzlicht ein. Ein Kopf reisst seinen Mund auf und ein schwarzes Loch erscheint. Dann beginnt der Kopf mit dem Kiefer zu wackeln und das Blitzlicht wechselt in ein düsteres Rot. «Wird so die Zukunft aussehen?», heisst die Frage, die die Ausstellung «The Fortune Teller – Lyncheskes Kabinett» des Thurgauer Künstlers Walter Wetter begleitet.
Die Installation ist ein surreales Kabinett, das nur in der Nacht funktioniert. Sobald sich jemand dem Fenster nähert, wird die Installation durch einen Sensor eingeschaltet. Die Inspiration für den «Fortune Teller» hat Wetter in den Filmen des amerikanischen Regisseurs David Lynch gefunden, wie der Künstler an der Vernissage sagte. «Lynchs Filme haben eine spezielle Sprache und lassen Platz für Zwischenräume und Zwischenwelten, für Reales und Surreales. Das wollte ich mit meiner Installation ebenfalls aufgreifen.»
Es ist das erste Mal, dass die Galerie vor der Klostermauer eine Ausstellung zeigt, die nur von aussen sichtbar ist. «Wir haben das schon länger im Hinterkopf gehabt, aber die konkrete Idee dafür ist erst im Austausch mit Walter Wetter entstanden», sagt Vorstandsmitglied Marcel Winter.
Wetter war sofort begeistert vom Vorhaben. Der Künstler ist bekannt für interaktive Installationen. So hatte er für die Museumsnacht 2011 in St. Gallen ein altes Stahlfuttersilo zu einer interaktiven pyrotechnischen Skulptur ausgebaut. Über Propandüsen wurden durch eine programmierte Steuereinheit Flammen nach aussen geschleudert.
Walter Wetter arbeitet mit Metallelementen, Gussformteilen, Industrie- und Elektroschrott, Laborgläsern und ausgedienten Gegenständen der Medizin und Pharmaindustrie. Das meiste findet er bei Industrieabbrüchen oder während Streifzügen durch Flohmärkte. Die Einzelteile kombiniert er in seinem Atelier Darkstarproduction im thurgauischen Siegershausen mit Hightech-Komponenten zu Skulpturen, Plastiken, Lichtobjekten oder Licht-Installationen.
Den antiken Wahrsager-Kopf seiner aktuellen Installation hat Wetter aus einem ehemaligen Freizeitpark. Die übrigen Bestandteile setzte er aus Dingen zusammen, die er schon für andere Projekte gebraucht hatte. Im Fenster neben dem Kopf ist als Teil des Kabinetts etwa ein Körper zu sehen. Im roten Licht erinnert dessen Oberfläche an Blutgefässe. Gleichzeitig wirkt der durchleuchtete Körper transparent, sodass es scheint, als ob man durch ihn hindurchschauen könnte.
Im dritten Fenster liegt eine lebensgrosse Puppe in einem Polsterstuhl. Sie trägt eine Wrestling-Maske und ihr Oberkörper ist von einem Leuchtrohr durchbohrt. Auch in ihr Inneres lässt sich blicken. «Der Kopf sagt stotternd die Zukunft voraus. Und diese Zukunft habe ich im Kabinett visualisiert. Das lässt viel Interpretationsspielraum», sagt Wetter. Für den einen oder die andere sei das eine gute Alternative zur Weihnachtsbeleuchtung in der St. Galler Altstadt.
Wer genug von den Weihnachtssternen in den Hauptgassen hat, dem sei ein Abstecher in die Zeughausstrasse abseits von allem Weihnachtskommerz empfohlen. Während der «Fortune Teller» mit seinem Kiefer klappert, kann man sich dort fragen, was die Zukunft bringt. Ein paar wenige Minuten bleiben dafür, bevor das Licht erlischt und alles im Dunkeln verschwindet.
Walter Wetter, Installation «The Fortune Teller – Lyncheskes Kabinett», Galerie vor der Klostermauer, Zeughausstrasse 8, St. Gallen, bis 13. Januar 2018; 18 bis 22.30 Uhr.