Der Jugendtheaterclub des Theaters St. Gallen zeigt mit «Schweigen» ein Drama über Gruppenzwang und Ausgrenzung – lebhaft, vielschichtig, dringlich.
Im Studio des Theater St. Gallen wird nicht lange gefackelt. Zu bedrohlichen Dschungeltönen mit schnarrendem Vogelgekreische liegen die Emotionen gleich zu Beginn blank. Die elf jungen Laiendarsteller boxen auf Kartonschachteln ein, grübeln in ihnen suchend herum, tragen sie wie kostbare Geheimnisse bei sich. Alles keine Lösung für ihr Problem – aber ein schönes Bild für das Verhängnis, in das sie aus Dummheim und Übermut hinein geraten sind. Denn ihr Kollege Eiko ist tot. Er hat sich ihrer Gruppe anschliessen wollen, hat aber mit seiner Unterwürfigkeit den Sadismus der Gruppenmitglieder geweckt. Die spontan erfundene Aufnahmeprüfung entgleist, steigert sich zur riskanten, ja tödlichen Mutprobe. In der brüllenden und weinenden Suche nach einem Ausweg wird uns diese Vorgeschichte klar.
Denn die Jugendtheatergruppe des Theaters St. Gallen zeigt auf der Studiobühne keinen Actionthriller, sondern die dringliche Studie einer Gruppendynamik nach einer Untat. Und hier wird dann auch bald angedeutet, woher der Sadismus kommt, wieso ein Spiel in Verrohung kippt: Autoritäre Gruppenstruktur, Anhänglichkeit aus Selbstzweifel, feiges Mitmachertum – es sind die Zutaten, die nicht nur in Jugendcliquen zu einem tödlichen Mix werden können. Die Parallelen zur Politik kann man sich leicht selbst zusammen reimen.
Die elf jugendlichen Darsteller haben unter Anleitung von Theaterpädagoge Mario Franchi und Schauspielerin Diana Dengler auf der Grundlage eigener Erfahrungen und mit Ideen aus bestehenden Texten Stimmungen, Bilder, Dialoge und Charaktere entwickelt. Sie spielen ihre Rollen klar konturiert: Anführer, Heulsuse, Orakel, Superhirn, Gruppenclown und viele mehr.
Die rasche Abfolge der Szenen macht das Stück dynamisch, mit den Kartonschachteln lässt sich das Bühnenbild rasch umbauen und mit Lichtwechseln kippt die Stimmung der Clique von Angst in bekiffte Zuversicht: «Die Trauer macht uns glücklich.» Eine Notlüge wird ihre Lage noch verschlimmern. Ein Moderator erzählt von sadistischen Schimpansen und friedlichen Bonobos: «Hätten wir die Bonobos vor den Schimpansen entdeckt, hätten wir ein ganz anderes Bild von uns.» Das spannt den Bogen etwas schablonenhaft pessimistisch ins grundsätzlich Menschliche. Die Dringlichkeit des Erzählten rechtfertigt dies.
Noch zwei Vorstellungen:
22., 23.5, je 20 Uhr
Theater St.Gallen, Studio