Die musikalischen und gesanglichen Darbietungen finden bereits zum zweiten Mal im Kreuzgang des ehemaligen Klosters St.Katharinen statt.
«Stille ist kostbar. Deshalb will ich sie schützen, ihr Raum geben», sagt die Organistin Imelda Natter. Mit ihrem Projekt Klanghalt schafft die Musikerin im Alltag Zeiträume für Stille, aber auch Poesie und Musik: Ab dem 30. November 2019 bringt Klanghalt im Kreuzgang des ehemaligen Klosters St.Katharinen in St.Gallen Musikerinnen und Musiker mit Dichtenden, Vorlesenden und Zuhörenden zusammen.
Während 20 Minuten interpretieren die Vokal- und Instrumentalensembles – darunter Profis und Laien – die bis zu 2500 Jahre alten Psalmen. Dazu kommen Psalmtexte, die eigens für diese Reihe geschrieben werden. Die Klanghalte sind für alle Interessierten offen. Religiös müsse man nicht zwingend sein, sagt Natter. «Man darf einfach vorbeikommen, zuhören und sich inspirieren lassen.» Gelegenheiten dazu gibt es viele: Insgesamt finden bis Ende Mai 27 Klanghalte statt.
Die Stille hat jeweils vor den Anlässen ihren Raum. «Ich bitte immer alle Anwesenden, zu Beginn ganz still in den Kreuzgang einzutreten. So entsteht eine besondere Atmosphäre.» Dazu tragen auch die historischen Klostermauern bei: Sie schirmen den Stadtlärm zuverlässig ab, «selbst wenn auf dem Marktplatz viel Betrieb ist, hört man davon nichts», sagt Natter.
Während der ersten Klanghalt-Reihe, die im November 2017 startete, kamen insgesamt rund 450 Mitwirkende zusammen. Alle Musikerinnen und Musiker spielten ohne Gage, und im Hintergrund waren viele freiwillige Helferinnen und Helfer tätig. Auch dieses Mal sind wieder bekannte Musiker wie der Jazzpianist Claude Diallo, der Ausserrhoder Violinist und Komponist Paul Giger, die Cembalistin Marie-Louise Dähler sowie die Blockflötistin Annina Stahlberger dabei.
Vertreten sind verschiedenste Stile: gregorianischer sowie A-cappella-Gesang, klassische Ensembles mit Streich- oder Blasinstrumenten, ein Alphorntrio, eine improvisierende Flötistin oder Perkussion. Auch poppig interpretierte Psalmen wird es geben. «Obwohl die Psalmen sehr alt sind, kommen darin zeitlose Themen wie Glück, Bedrohung und Geborgenheit zur Sprache.» Natter ist bei der evangelisch-reformierten Kirche als Organistin angestellt, doch auch die katholische Cityseelsorge steht hinter Klanghalt: Die Reihe sei somit «gelebte Ökumene, sagt die Musikerin.
Die Idee für Klanghalt sei aus ihrer Leidenschaft für Kirche, Musik und Poesie entstanden. «Klanghalt ist weder Konzert noch Vorführung, es ist gemeinschaftliches Tun», sagt Natter. Dazu gehört auch, dass das Publikum jeweils zum Mitsingen eingeladen ist. Neu gibt es dafür die Möglichkeit einer 40-minütigen Probe im Voraus zum jeweiligen Klanghalt.
Das Projekt fordert sie derzeit stark: Weil jedes Mal eine Gesangs- sowie Instrumentalgruppe spielt, mussten für die 27 Samstage 54 Musikgruppen gefunden und koordiniert werden. «Momentan sitze ich mehr im Büro als an der Orgel», sagt die 53-Jährige. Es sei darum wichtig, sich bewusst Pausen zu nehmen. «Eine gute Gelegenheit dafür ist eine Tasse Kaffee. Ähnlich wie ein Psalm schafft sie ein Fenster von einigen ruhigen Minuten.»
Vorgetragen und gemeinsam interpretiert werden die Psalmen bei jedem Wetter unter freiem Himmel. Bei der ersten Klanghalt-Durchführung sei es ein besonders schöner Moment gewesen, als die Musiker inmitten wirbelnder Schneeflocken standen.
«Und wenn es wirklich zu kalt ist, können die Musiker von einem Raum im zweiten Stock aus spielen. Dann kommen die Klänge beinahe direkt aus dem Himmel.»
Erster Klanghalt Samstag, 30. November, 17 Uhr, Kreuzgang ehemaliges Kloster St.Katharinen, St.Gallen; bis 30. Mai 2020.
www.klanghalt.ch