Seit 25 Jahren zeigt das Frauenfelder Cinema Luna erfolgreich Filme abseits von Hollywood. Das Programmkino hält sich trotz Netflix und hat sich sogar vergrössert. Doch die Digitalisierung fordert die Kinomacher heraus.
Im Kino öffnen sich neue Räume. Die Leinwand wird zum Fenster in fremde Welten, sobald der Projektor strahlt. Fremde Welten und Geschichten, in die die Zuschauer versinken - dies will auch das Cinema Luna in Frauenfeld bieten. Seit 25 Jahren zeigen die Verantwortlichen anspruchsvolles Arthouse-Kino.
Es ist genau dieser neugierige Blick ins Ungewohnte, Unbekannte und bisweilen Unbequeme, der Programmchef und Luna-Gründungsmitglied Christof Stillhard am Kino interessiert. Nicht krachende Hollywood-Blockbuster mit ihren Superhelden, sondern stille Filme aus aller Welt. «Ich habe jene Filme am liebsten, die von normalen Menschen und ihren Freuden und Sorgen handeln», sagt Stillhard.
Am Wochenende 26./27.Oktober 2019 feiert das Cinema Luna sein 25-Jahr-Jubiläum. Nicht mit einer rauschenden Party, sondern mit dem, was in einem Kino im Zentrum steht: Filme. Jeweils ab Mittag zeigt das Luna am Samstag und Sonntag aktuelle Werke und Vorpremieren. Ein Tagesticket kostet 25 Franken, ein Einzeleintritt 10 Franken. Infos unter www.cinemaluna.ch (dar)
Obschon, gänzlich auf Hollywood verzichtet das Luna nicht. Anfang Oktober zeigte das Programmkino den Superhelden-Film «Joker», der die Geschichte des gleichnamigen Batman-Bösewichts erzählt.
«Eine Ausnahme», wie Stillhard schmunzelnd versichert. Mit der Auszeichnung des Goldenen Löwen an den Filmfestspielen in Venedig, das wahrlich nicht im Verdacht steht, einzig Blockbuster auszuzeichnen, erstaunt die Auswahl dann doch nicht. «Joker» ist Blockbuster-Kino mit Anspruch.
Christof Stillhard war bereits als Kantischüler nicht nur filminteressiert, sondern auch engagiert. Zusammen mit Freunden mietete er jeweils an zehn Winterabenden das damalige Kino Pax an der Rheinstrasse und zeigte Filme. Und Stillhard blieb auch als Germanistik-Student aktiv. Es folgten Filmnächte mit einer Auswahl der Solothurner Filmtage, ein Open-Air-Kino, ein rollendes Kino durch den Thurgau.
«Und plötzlich hatten wir Geld.» Warum also nicht ein eigenes Kino? Mit knapp 150'000 Franken, viel ehrenamtlichem Einsatz und Handarbeit verwandelten die Frauenfelder FilmfreundInnen, wie der Verein hinter dem Cinema Luna heisst, 1994 einen Kellerraum in der Nähe des Bahnhofs in ein Kino. Drei Vorstellungen wurden anfangs pro Woche gezeigt.
Seitdem hat sich viel verändert. Das Kino ist dem Keller zwischen Coiffeurladen in einer Hinterhofpassage und Eisenbahn entstiegen und befindet sich seit 2011 sichtbar beim Bahnhof Frauenfeld. «Es ist beeindruckend, wie sich alles entwickelt hat. Eine Erfolgsgeschichte», sagt Stillhard.
Zwei Säle machen eine flexiblere Programmation mit rund 25 Vorstellungen pro Woche möglich. Damit folgt das Luna einem schweizweiten Trend: Hin zu Kinos mit mehr Sälen. Das Luna ging damit einen ähnlichen Weg wie andere Arthouse-Kinos wie etwa das RiffRaff in Zürich.
Hat sich die Programmation in den 25 Jahren verändert? «Extrem», sagt Christof Stillhard. Der Grund? Die Digitalisierung. Stillhard spricht von einer Beschleunigung des Programms. Mit den wenigen Kopien der analogen Ära war klar: Erst wurden Arthouse-Filme in Zürich, Basel, Bern gezeigt und erst Monate später in Frauenfeld.
«Heute zeigen alle Kinos das Gleiche. Das Programm hat sich dadurch verflacht.»
Und beschleunigt. Läuft ein Film nicht, fliegt er schnell aus dem Programm. Gleichzeitig erfährt das Kino Konkurrenz durch Netflix und andere Streaming-Dienste. Dies merkt auch das Luna. Es sei schwierig, Junge ins Kino zu locken. Das Durchschnittspublikum ist heute über 50.
«Die Zuschauer sind mit uns mitgealtert.»
Das Luna nimmt in der Thurgauer Kulturszene eine bemerkenswerte Stellung ein. So schreibt Martha Monstein, Leiterin des Thurgauer Kulturamtes, auf Anfrage: «Mit dem Namen Cinema Luna verbinden wir hohe filmische Qualität, Vielfalt und ein grosses Engagement des Vorstandes und Mitarbeitenden.» Das Cinema Luna bereichere das Kulturleben des Kantons und biete einen unverzichtbaren Rahmen für Diskussionen.
Den Kulturbeauftragten der Stadt Frauenfeld kann man nicht um eine Einschätzung fragen: Dieses Amt hat ebenfalls Christof Stillhard inne, der damit seine Leidenschaft für Kino und Kultur zum Beruf machen konnte.
Je 20'000 Franken erhält das Cinema Luna jährlich von Stadt und Kanton als Fördergelder. Die Unterstützung begründet das Thurgauer Kulturamt damit, dass die Programmation thematischer Filmreihen in einer Stadt der Grösse von Frauenfeld nicht alleine durch Publikums- und Werbeeinnahmen zu decken sei. Hinzu kommen weitere 10'000 Franken vom Bundesamt für Kultur.
Die Subventionen machen rund zehn Prozent der Einnahmen aus. Stillhard ist froh um die Fördergelder:
«Sie geben uns eine gewisse Freiheit, Filme nach Qualität und nicht nach finanziellen Kriterien auszuwählen.»
So kann seine Leinwand zum Fenster in fremde Welten werden.