Die Tea Party rüstet nach der Kapitulation der Republikaner im Kongress für den nächsten Showdown im Januar. Präsident Obama hofft, bis dann einen Fiskalkompromiss auf die Beine stellen zu können.
WASHINGTON. Stabschef Denis McDonough liess es sich nicht nehmen, die zwangsbeurlaubten Mitarbeiter des Weissen Hauses nach Ende der Verwaltungsblockade persönlich willkommen zurück zu heissen. Während er Hände schüttelte, öffneten in Washington die Museen ihre Pforten, in den Nationalparks gingen die Schranken wieder hoch und das National Institute of Health machte wieder Termine für Krebspatienten.
Eine halbe Stunde nach Mitternacht beendete Präsident Barack Obama am Donnerstag das Drama, das Washington 16 Tage lang zum Stillstand und die USA an den Rand des Bankrotts geführt hatte. Mit der Unterschrift unter ein im Senat verhandeltes und von beiden Häusern in letzter Minute verabschiedetes Gesetzespaket hob er die Obergrenze der Staatsverschuldung so weit an, dass die USA bis zum 7. Februar ihre Rechnungen bezahlen können. Ein Übergangshaushalt hält die Verwaltung bis zum 15. Januar am Laufen.
In der Zwischenzeit wird eine Kommission unter Führung des Republikaners Paul Ryan und der Demokratin Patty Murray versuchen, die beiden Budgetentwürfe von Repräsentantenhaus und Senat abzugleichen und erstmals seit Jahren wieder einen ordentlichen Staatshaushalt aufzustellen. Bis Mitte Dezember sollen auch Kompromisse für den langfristigen Schuldenabbau vorliegen; Reformen der Sozialkassen und des Steuersystems inklusive.
«Jetzt können wir beginnen, die Wolken der Unsicherheit und Ungewissheit über unseren Unternehmen und dem amerikanischen Volk wegzuziehen», erklärte Obama, der zur Überraschung vieler Republikaner keinen Zentimeter von seiner Position abwich, nicht über Selbstverständlichkeiten zu verhandeln. Nach den Erfahrungen der beiden Fiskalkrisen im Sommer 2011 und vor Silvester 2012 hatte Obama geschworen, eine Geiselnahme des Gemeinwohls zur Durchsetzung politischer Ziele nicht noch einmal zu erlauben.
Während die Beteiligten am Tag danach unterschiedliche Lehren aus dem jüngsten Tanz auf der Fiskalklippe ziehen, besteht an einem Punkt Übereinstimmung. «Das war eine Totalkapitulation», beschreibt Matt Kibbe von der Tea-Party-Organisation «Freedom Works» das Ergebnis für die Republikaner. Der letzte Akt im Kongress vollzog sich im Repräsentantenhaus kurz vor Mitternacht, ab wann die Supermacht nicht mehr uneingeschränkt zahlungsfähig gewesen wäre. Weder Speaker John Boehner noch sonst jemand aus der Führung der Mehrheitsfraktion ergriff vor der Abstimmung das Wort. Am Ende sorgten 87 moderate Konservative zusammen mit allen Demokraten im Repräsentantenhaus für eine Mehrheit für die Senatslösung.
«Das hätten die Republikaner schon vor zwei Wochen haben können», erklärte Minderheitsführerin Nancy Pelosi. Ihre Fraktion hatte von Anfang an angeboten, für eine «saubere» Verlängerung von Schuldendecke und Übergangshaushalt zu stimmen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Boehner jedoch in einer anderen Position. Die Tea-Party-Republikaner hatten ihn zu diesem Kurs gedrängt, weil sie darin die letzte Möglichkeit sahen, Obamas Gesundheitsreform zu stoppen.
Der konservative Kolumnist Charles Kauthammer kritisierte die rund 80 Rechtspopulisten im Haus als «Kamikaze»-Fraktion. «Wie genau sollte damit Obamacare beendet werden?», hinterfragte er den Kurs, der zu einem offenen Bürgerkrieg zwischen moderaten und Tea-Party-Republikanern führte.
Tea-Party-Senator Ted Cruz aus Texas, der die Kampfeslust der Rechten angestachelt hatte, sah sich im Senat offenen Anfeindungen aus eigenen Reihen ausgesetzt. «Ich hoffe, sie haben gelernt, dass sich staatlich garantierte Programme nicht durch eine Verwaltungsblockade beenden lassen», meinte etwa Senator Richard Burr aus North Carolina. Das sehen weder die Rechtspopulisten im Kongress noch ihre Verbündeten so. «Wir bedauern gar nichts», meint Matt Kibbe, der den Moderaten vorhält, kein Rückgrat zu haben. «Das hätten wir gewinnen können, wenn die Republikaner gekämpft hätten.»
Während Obama hofft, das «Fieber gebrochen zu haben», und nun auf einen fiskalpolitischen Kompromiss setzt, rüstet die Rechte für die nächste Schlacht. Sie wollen die Moderaten bei den Vorwahlen im Frühjahr herausfordern und mobilisieren bereits für einen neuen Showdown im Januar.