Präsident Donald Trump stellt sämtliche Staatsanwälte auf die Strasse. Unter den entlassenen Ermittlern befindet sich auch der New Yorker Preet Bharara – selbst in der Schweiz nicht unbekannt.
Renzo Ruf, Washington
Ein gründlicher Hausputz im Department of Justice wirft Fragen auf. Noch am Donnerstag soll Justizminister Jeff Sessions allen Staatsanwälten – die als verlängerter Arm der nationalen Ermittlungsbehörde wirken – an einer Telefonkonferenz alles Gute auf der Jagd nach Verbrechern gewünscht haben. «Weidmannsheil!» habe Sessions den Ermittlern, die allesamt von Präsident Barack Obama ernannt worden waren, zugerufen, berichteten involvierte Kreise. Einen Tag später war alles anders. Am Freitag wurde allen 46 Staatsanwälten beschieden, bis Geschäftsschluss ihren Rücktritt einzureichen.
An sich ist dies kein besonderer Vorgang: Die parteipolitisch unabhängigen Staatsanwälte sind Teil der Exekutive und können deshalb jederzeit durch Präsident Donald Trump entlassen werden. Für Überraschung sorgte aber die Nachricht, dass sich auch der Name des New Yorkers Preet Bharara (48) auf dieser Liste befand. Denn Trump persönlich hatte dem umtriebigen Staatsanwalt, der unter anderem zuständig ist für den New Yorker Stadtteil Manhattan und damit für die Wall Street, im Gespräch verkündet, er wolle an ihm festhalten. Dies war im November. Bharara weigerte sich deshalb am Freitag zuerst, der Rücktrittsaufforderung nachzukommen. Am Samstag wurde er deshalb von der Nummer zwei des Justizministeriums gefeuert. «Ich bin nicht zurückgetreten. Ich wurde gerade entlassen», gab Bharara kurz darauf auf Twitter bekannt.
Da der seit 2009 amtierende Bharara seinen Karrierebruch publik machte, zerbrach sich alsbald halb Washington den Kopf darüber, was Trump zu diesem Schritt veranlasst haben könnte. Eine Theorie: Bharara war ein Zögling des einflussreichen New Yorker Senators Chuck Schumer, des Fraktionschefs der Demokraten in der kleinen Parlamentskammer. Trump habe es Schumer, der sich für Bharara eingesetzt habe, heimzahlen wollen – weil die Demokraten sein politisches Programm sabotierten. Die zweite Theorie: Bharara sei dem Präsidenten zu nahe gekommen. An dieser Hypothese stimmt, dass der in Indien geborene Staatsanwalt in den vergangenen acht Jahren hartnäckig gegen Politiker vorgegangen ist, die das Vertrauen der Wähler verletzt hatten. Zuletzt hatte Bharara in New York mit Ermittlungen im Umfeld des demokratischen Gouverneurs Andrew Cuomo und des demokratischen Stadtpräsidenten Bill de Blasio für Aufsehen gesorgt. Auch stimmt es, dass Trump Tower – vor dem Wahlsieg Wohn- und Arbeitsort von Donald Trump – zum Einzugsgebiet von Preet Bharara gehörte. Es gibt aber keine Hinweise, dass der Staatsanwalt in strafrechtliche Ermittlungen gegen den Präsidenten involviert war. Allerdings berichtete die «New York Times» darüber, dass Trump am Donnerstag versucht habe, Bharara telefonisch zu erreichen. Der Staatsanwalt habe dem Präsidenten, mit Verweis auf interne Verhaltensregeln des Justizministeriums, einen Korb gegeben.
Nun wird erwartet, dass der Staatsanwalt eine politische Karriere anstrebt. Sein Leistungsausweis umfasst nicht nur Korruptionsverfahren gegen Politiker und hochrangige Wirtschaftsbosse – sondern auch Verfahren gegen den Schweizer Finanzplatz. Bharara beschuldigte Schweizer Banker, Amerikanern bei der Hinterziehung von Steuern behilflich gewesen zu sein.
Derzeit sind vor dem Bundesgericht in Manhattan noch mindestens zwei diesbezügliche Verfahren anhängig: gegen zwei Angestellte der Zürcher Kantonalbank und einen ehemaligen hochrangigen Privatbanker der Bank Frey, die im Zuge des Steuerstreits ihre Türen schliessen musste.