Touristen in Sahara entführt

Vier europäische Touristen sind im Grenzgebiet zwischen Mali und Niger verschleppt worden, darunter zwei Schweizer. Von den Entführern fehlt jede Spur.

Ralph Schulze
Drucken

madrid. Sie wollten eine zehntägige Tour durch die Sahara Malis und Nigers machen. Doch am Donnerstag endete sie mit einem Albtraum: Der Geländewagen-Konvoi mit sieben europäischen Touristen wurde im Nordosten Malis unweit der Grenze zu Niger überfallen, vier Personen wurden entführt: zwei Schweizer, ein Brite und ein Deutscher. Drei weitere Touristen und das Begleitpersonal konnten entkommen.

Die Regierungen in Bern, London und Berlin haben diplomatische Krisenstäbe, Anti-Terror-Experten und Geheimdienste in Bewegung gesetzt, um genaue Informationen über die Geiselnahme zu erhalten. Man stehe in Kontakt mit den lokalen Behörden in Mali und Niger sowie mit den Angehörigen der Entführten, hiess es gestern. Es wird nicht ausgeschlossen, dass islamistische Extremisten hinter der Tat stecken. Aber auch eine Verwicklung von Tuareg-Rebellen ist nicht unmöglich.

Entführungen häufen sich

In der Region wurden vor einem Monat bereits zwei kanadische UNO-Diplomaten entführt. Vermutlich von islamistischen Extremisten aus dem Umfeld des nordafrikanischen Al-Qaida-Flügels, der das unübersichtliche Grenzland zwischen Mali, Niger und Algerien als Rückzugsgebiet nutzt. Im vergangenen Jahr waren zwei Österreicher von Al-Qaida-Terroristen beinahe acht Monate lang im Nordosten von Mali gefangen gehalten worden.

Auch wenn Regierungen und Sicherheitsbehörden derzeit noch wenige Erkenntnisse haben, ist im jüngsten Entführungsfall wieder mit einem langen Nervenkrieg mit den Kidnappern zu rechnen. «Eventuell müsse man wochenlang warten, bis sich die Entführer melden», sagte Werner Gartung, Chef des betroffenen deutschen Reisebüros «Oase-Reisen» gestern gegenüber Schweizer Radio DRS 4. «Höchstwahrscheinlich» werde es Lösegeldforderungen geben.

Zum Aussteigen gezwungen

Nach Angaben des Reiseveranstalters ereignete sich der Überfall im Grenzgebiet zwischen Niger und Mali, aber auf der malischen Seite. Die Touristen seien mit drei Geländefahrzeugen unterwegs gewesen. Die vier Personen im ersten Wagen seien zum Aussteigen gezwungen und dann mit dem Fahrzeug der Entführer verschleppt worden. Drei weiteren Touristen und den Reisebegleitern, die in den anderen Fahrzeugen sassen, gelang die Flucht. Die Autos wurden beschossen.

«Schwierige Sicherheitslage»

Reisebüro-Chef Gartung wies Vorwürfe zurück, Risiken unterschätzt zu haben. «Es bestand kein Grund anzunehmen, dass etwas passieren würde.» Der Konvoi wollte anscheinend zu einem Tuareg-Festival im Grenzort Anderamboukane gelangen, «zu dem Dutzende andere Touristen unterwegs waren». Das Wüsten-Volksfest der Berber-Nomaden mit den malerischen blauen Tuchgewändern ist ein beliebtes Ziel vieler Sahara-Reisegruppen – auch wenn viele Veranstalter ihre Mali- und Niger-Touren wegen der «schwierigen Sicherheitslage» seit Monaten ausgesetzt haben.

EDA warnt in Reisehinweisen

In der Tat weisen das Schweizer und das deutsche Aussenministerium seit längerem auf «Sicherheitsprobleme» hin. «Die Grenzregionen Nigers zu Mali, Algerien, Libyen und Tschad sind weiträumig zu meiden. Es besteht das Risiko von bewaffneten Überfällen und Entführungen», schreibt das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten in den aktuellen Reisehinweisen.