Bestes und letztes Angebot
Elon Musk will Twitter vollständig übernehmen – weil er die Redefreiheit bedroht sieht

Der reichste Mann der Welt will den Kurznachrichtendienst Twitter für rund 40 Milliarden Dollar übernehmen. Der grösste Twitter-Aktionär hat das Vertrauen in das Management des Unternehmens verloren.

Renzo Ruf, Washington
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Elon Musk, Technologie-Tausendsassa, lanciert ein feindliches Übernahmeangebot für den Kurznachrichtendienst Twitter.

Elon Musk, Technologie-Tausendsassa, lanciert ein feindliches Übernahmeangebot für den Kurznachrichtendienst Twitter.

Alexander Becher / EPA

So also sieht Plan B aus: Elon Musk begnügt sich nicht mit seiner Rolle als Minderheitsaktionär beim Kurznachrichtendienst Twitter. Vielmehr machte der umtriebige Unternehmer am Donnerstag – natürlich via Tweet – ein Übernahmeangebot für den Dienst publik.

Demnach will der reichste Mann der Welt, der aktuell gegen 9,1 Prozent der Twitter-Aktien besitzt, sämtliche Anteile des Technologieunternehmens kaufen. Und zwar zum Preis von 54.20 Dollar pro Aktie, wie in einer Eingabe an die amerikanische Börsenaufsicht SEC (Securities and Exchange Commission) nachzulesen ist. Bei diesem Vorschlag, der unter dem Strich mehr als 40 Milliarden Dollar kosten würde, handle es sich um sein «bestes und letztes» Angebot, sagt Musk.

Nun ist das nicht das erste Mal, dass der Mann, der aktuell unter anderem für den Autobauer Tesla und das Raumfahrtunternehmen SpaceX die Verantwortung trägt, eine Ankündigung macht. Investoren zeigten sich in einer ersten Reaktion denn auch skeptisch, ob Musk es ernst mit seiner feindlichen Übernahme meint. Die Twitter-Aktie zog zwar am Donnerstag nach Handelsbeginn an der New Yorker Börse an. Dann aber sackte der Kurs ab. Am Schluss notierte das Papier bei 45 Dollar, deutlich unter dem Angebot des Grossaktionärs.

Andererseits ist hinreichend bekannt, dass Musk eine besondere Beziehung zu Twitter pflegt. Wer den 50-Jährigen kennt, der weiss: Er ist vom Kurznachrichtendienst fasziniert und nutzt ihn häufig, manchmal auch mitten in der Nacht – als könne ihm Twitter helfen, den Kontakt mit der grossen weiten Welt nicht zu verlieren.

In der SEC-Ankündigung schreibt Musk, dass die Plattform ein unglaubliches Potenzial besitze, das er als alleiniger Besitzer ausschöpfen wolle. Twitter sei eine Plattform für die freie Meinungsäusserung «rund um die Welt», und er sei der Meinung, dass die Redefreiheit für eine funktionierende Demokratie unerlässlich sei. In ihrer «aktuellen Form» nehme Twitter diese Funktion als Förderer der Demokratie nicht ausreichend wahr, schreibt Musk sinngemäss.

Musk will Twitter-Konzernchef loswerden

Diese Kritik, die sich in erster Linie gegen das Management von Twitter-Chef Parag Agrawal richtet, der im November 2021 durch den Unternehmensgründer Jack Dorsey eingesetzt wurde, ist nicht neu. Musk, geboren in Südafrika, hat wenig Verständnis für die Art und Weise, wie heutzutage Debatten in den sozialen Netzen moderiert werden. Er scheint der Meinung zu sein, dass jeder Mensch sagen soll, was er sagen will – wenn man ein Vermögen von mehr als 270 Milliarden Dollar angehäuft hat, will man sich wohl nicht von einem anonymen Twitter-Debattenmoderator Vorschriften machen lassen.

Agrawal muss sich nun entscheiden, wie Twitter auf das feindliche Übernahmeangebot reagieren will. Als vor einigen Tagen bekannt wurde, dass Musk sich mehr als 70 Millionen Twitter-Aktien unter den Nagel gerissen hatte, versuchte es Agrawal mit einer Strategie der Umarmung. Er bot Musk einen Sitz im Verwaltungsrat an, und versprach ihm wohl auch, einige seiner Ideen für die Zukunft des Dienstes umzusetzen. Dieser Plan A scheiterte aber am Wochenende, Agrawal zog seinen Vorschlag zurück.

Der elf Sitze zählende Twitter-Verwaltungsrat – in dem nebst Agrawal auch Dorsey vertreten ist – werde das Musk-Angebot nun prüfen, teilte das Unternehmen mit. Und herausfinden, ob es im besten Interesse der Twitter-Aktionäre sei. Schwer vorstellbar, dass Twitter das erste Angebot einfach abnicken wird.