Regierungspropaganda in Zürich

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Schweiz-Besuch Roland Büchel nervt sich. «Die türkischen Politiker hintergehen uns immer wieder», sagt der Präsident der aussenpolitischen Kommission des Nationalrats. So auch beim für Sonntag geplanten Besuch des türkischen Aussenministers Mevlüt Cavusoglu in Zürich. Offiziell angekündigt waren Treffen des Regierungsvertreters mit seinen hier stationierten Diplomaten.

Doch gestern tauchten im Internet Hinweise auf zu einem «Treffen mit dem Volk im Umfeld der Abstimmung». Dabei geht es um eine neue Verfassung für die Türkei, mit der Präsident Recep Tayyip Erdogan seine Macht markant ausbauen würde. Cavusoglu will den Türken in der Schweiz nahelegen: «Wir sagen entschieden Ja», wie es neben seinem Konterfei auf dem Flyer für den Anlass der Regierungspartei AKP heisst. Geplant ist der Auftritt Cavusoglus in einem Hotel am Flughafen Zürich. SVP-Aussenpolitiker Büchel fordert, der Anlass müsse verboten werden: «Beim Auftritt des türkischen Aussenministers geht es um Staatspropaganda, nicht um die freie Meinungsäusserung.» In den letzten Tagen hatten mehrere Städte in Deutschland und den Niederlanden den Auftritt türkischer Minister untersagt. Sie führten jeweils Sicherheitsbedenken oder nicht vorhandene Bewilligungen an. Ein Anlass mit Tausenden Anhängern ist zwar in Zürich nicht vorgesehen, der grösste Saal in dem Hotel fasst 250 Personen. Dennoch äusserte der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr in einem Brief an die Bundesräte Simonetta Somma­ruga und Didier Burkhalter Bedenken, die Sicherheit gewährleisten zu können. Er bat den Bund, Massnahmen zu prüfen, damit der Anlass abgesagt werden könnte. Das Aussendepartement prüft nun die Ausgangslage. Diese Klärung sei nötig, sagt der Aussenpolitiker Damian Müller (FDP/LU): «Wahl­­kampf­auf­tritte von ausländischen Regierungen sind in der Schweiz fehl am Platz. Das muss man verhindern.»

Türkische Diplomaten bitten um Asyl in der Schweiz

Zu diplomatischen Spannungen zwischen der Schweiz und der Türkei könnte indes beitragen, dass mehrere türkische Staatsangehörige mit Diplomatenpässen die Schweiz um Asyl ersucht haben. Laut einem Bericht, den der «Tages-Anzeiger» gestern Abend online veröffentlichte, befindet sich unter den Gesuchstellern der türkische Vizebotschafter in Bern, Volkan Karagöz. Ihm werden Verbindungen zur angeblichen Terrororganisation des Predigers Fethullah Gülen vorgeworfen. Einer Rückbeorderung nach Ankara hat er sich widersetzt und für sich und seine Familie ein Asylgesuch eingereicht. (ffe, mjb, red)