Putin spricht von «einer Aggression»

Stefan Scholl, Moskau
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Moskau Sergei Lawrow demonstrierte schlechte Laune. «Es betrübt, dass das alles den schon so zerrütteten Beziehungen zwischen Russland und den USA schadet», sagte der russische Aussenminister. «Ich hoffe, diese Provokationen schaffen keine unumkehrbaren Resultate.» Das offizielle Moskau antwortete gestern verärgert auf den amerikanischen Raketenangriff gegen Syrien.Kremlsprecher Dmitri Peskow bezeichnete den Militärschlag als grobe Verletzung internationalen Rechts, als Ablenkungsmanöver von den Verlusten unter den Zivilisten bei den Kämpfen in Irak und als Unterstützung für die islamischen Terroristen. Präsident Wladimir Putin rief seinen Sicherheitsrat zusammen und sprach hinterher von «einer Aggression». Und das Massenblatt Komsomolskaja Prawda schrieb, die Stunde der Wahrheit sei gekommen. «Wenn Russland jetzt Schwäche zeigt, werden wir nicht einfach aus dem Nahen Osten verdrängt. Wir geraten überall schwer in die Defensive.»

Allerdings hielt sich der Kreml mit Taten zurück. Aussenminister Lawrow kündigte einzig eine Vereinbarung mit den USA über die Vermeidung von Zwischenfällen im syrischen Luftraum auf. Allerdings bestätigte das Aussenministerium, die USA hätten die russische Seite vor den Raketenschlägen informiert. Das russische Verteidigungsministerium versprach, man werde die syrische Luftabwehr verstärken. Von einem Einsatz russischer Flaksysteme zum Schutz syrischer Stellungen vor US-Attacken aber war keine Rede.

«Wir hätten die Tomahawk-Raketen stoppen können», sagte Militärexperte Viktor Litowkin unserer Zeitung. «Aber diese Aufgabe stellt sich Russland nicht.» Sich gegenseitig Raketen abzuschiessen, sei hochgefährlich und bedeute vielleicht schon den Beginn eines Kriegs zwischen zwei Weltmächten. Das russische Verteidigungsministerium versicherte, nur 26 der 59 US-Raketen hätten den syrischen Flughafen erreicht, dort aber weder einsatzfähige Kampfflugzeuge noch Start- und Landebahnen beschädigt. Die Moskauer Börse aber notierte den Tag als Niederlage: Ihr Aktienindex fiel um fast drei Prozent.

Trump schwingt den Hammer in einem für Russland ungünstigen Moment. Erst am Vorabend erklärte der Kreml mit Blick auf Syriens Machthaber Assad, man unterstütze niemanden bedingungslos. Die Giftgasattacke, die alle russische Offiziellen den Rebellen anlasteten, nannte er ein «tragisches» Ereignis. Solche Worte betrachteten auch russische Beobachter als leichtes Abrücken von Assad, der unter dem Schirm der russischen Luftwaffe die Opposition weiter brutal bekämpft und so die Friedensinitiativen Moskaus unterläuft.

Stefan Scholl, Moskau