Für Spaniens Regierungschef ist Covid-19 nur noch eine «Grippe» – auch in Dänemark sieht man das Ende der Pandemie kommen.
Wer aus der deutschsprachigen Welt in die spanische Hauptstadt Madrid reist, reibt sich verwundert die Augen: Das Leben pulsiert in den Ausgeh- und Einkaufsvierteln der Metropole, als ob es kein Corona und keine Omikron-Welle geben würde. Niemand verlangt einen Gesundheitsnachweis, um in Cafés, Kneipen oder ins Theater zu gehen. Hunderttausende Kinder drücken nach den Winterferien wieder die Schulbank – ohne jegliche Testpflichten.
Zugleich sorgt Spaniens sozialistischer Regierungschef Pedro Sánchez mit der Ankündigung eines Strategiewechsels für Wirbel. Es sei an der Zeit, sagte er beiläufig in einem Radio-Interview, der Pandemie weniger Bedeutung beizumessen und Corona künftig wie andere wiederkehrende Krankheiten zu betrachten. Etwa wie die jährliche Grippe-Wellen. Das bedeute, dass man sich von der bisherigen aufwendigen Erhebung und Verfolgung aller Corona-Infektionsfälle und auch von den Massentests verabschieden sollte. «Die Situation der Pandemie ist heute nicht mehr jene, die wir vor einem Jahr hatten», sagte Sánchez.
Die Regierung verweist vor allem auf die hohe Impfquote, die dem Land im Herbst viel internationales Lob einbrachte. In der ersten Impfkampagne hatte Spanien mit ansehnlichen 80 Prozent die dritthöchste Impfquote Europas erreicht. Doch nun, in der Booster-Kampagne, läuft es nicht mehr so gut. Bisher holten sich nur 36 Prozent der Spanier den Auffrischungsstich.
Virologen warnen denn auch davor, dass Spaniens Corona-Entspannungskurs einem «Spiel mit dem Feuer» gleichkommt. Man dürfe die Pandemie nicht banalisieren. «Das einzige, was wir erreichen werden, wenn wir nicht handeln, sind noch mehr Infektionen», sagt der Epidemiologe Daniel López Acuña.
Während Spanien seine Corona-Politik immer weiter lockert, explodieren die Infektionen im ganzen Land. In den vergangenen sieben Tagen wurden mehr als eine Million neue Infektionen gemeldet. In den Spitälern ist die Lage zwar noch nicht kritisch, aber besorgniserregend. In immer mehr Hospitälern müssen Routineoperationen verschoben werden. Zuletzt lagen mehr als 17000 Coronapatienten im Spital, davon 2200 auf den Intensivstationen.
Vergleichsweise entspannt gibt man sich auch in Dänemark. Im Dezember war das Land zusammen mit Grossbritannien das erste Ziel der Omikron-Wand. Heute gehen über 96 Prozent der Coronafälle auf das Konto der neuen Variante, und die Zahlen sind weiterhin hoch. Dennoch sagt Gesundheitsminister Magnus Heunicke: «Wir haben diese Epidemie erneut unter Kontrolle gebracht.» Seine Regierung hat für kommenden Montag deshalb eine Lockerung der Restriktionen angekündigt: Die vor Weihnachten geschlossenen Kinos, Museen und Zoos dürfen wieder öffnen, mit leicht eingeschränkter Besucherzahl.
Für die Zuversicht, dass das Gröbste bereits überstanden sei, sehen die Dänen drei Gründe:
Die Behörden sehen mit der jetzigen Entwicklung das Auslaufen der Pandemie in Dänemark. Die Normalisierung sei in Sichtweite. «Wir bewegen uns langsam auf ein Grippe-ähnliches Muster zu», erklärte Tyra Krause, Vizechefin des nationalen Epidemie-Instituts. Dies bedeute, dass man die Ansteckungen nicht verhindern, nur bremsen könne, aber Erkrankungen dank Impfungen oft mild verliefen.