Obama ist auf dem Weg in die Mitte

Der amerikanische Präsident hat zwei Spitzenposten im Weissen Haus mit erfahrenen Politikern und Bankern besetzt. Er reagiert damit auf die neuen Machtverhältnisse und auf sein getrübtes Verhältnis zur Wirtschaft.

Thomas Spang
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Neue Spitzenbeamte: Gene Sperling und William M. Daley. (Bilder: ap/Susan Walsh/Brian Jackson)

Neue Spitzenbeamte: Gene Sperling und William M. Daley. (Bilder: ap/Susan Walsh/Brian Jackson)

washington. Es ist noch nicht lange her, da hatten Banker im Weissen Haus nicht viel zu erwarten. Ein Glas Wasser und Gebäck bestenfalls, als der Präsident die Lenker der Finanzwelt auf dem Höhepunkt der Krise zum Rapport bestellte. «Denken Sie dran», schärfte Obama den Vertretern der Wall Street im März 2009 ein, «das einzige, das Sie vor dem aufgebrachten Volk schützt, sind wir.» Keine zwei Jahre später besetzte er nun Spitzenposten im Weissen Haus mit Bankern.

Ein Mann des Kompromisses

Obamas neuer Top-Wirtschaftsberater Gene Sperling, Nachfolger von Larry Summers, passt jedoch in keine Schublade. Die Parteilinke der Demokraten steht ihm skeptisch gegenüber, weil er als Berater für Goldman Sachs in den letzten Jahren der Wall Street nahe war. Dafür mag Rocksänger Bono den 52-Jährigen umso mehr, kämpfte er mit ihm doch gemeinsam für den Schuldenerlass für ärmste Länder. Auch für andere gemeinnützige Projekte hat er sich stark engagiert. Selbst bei den Republikanern gibt es einige, die den Pragmatiker aus der Mitte schätzen. Ein Vorteil, den Sperling als Chefunterhändler des Steuerkompromisses vom Dezember zu nutzen wusste. Für Präsident Obama ist der eifrige Yale-Absolvent vor allem jemand, der Erfahrung mit in den einflussreichen Posten als Direktor des Nationalen Wirtschaftsrats bringt. In dieser Funktion diente Sperling bereits Präsident Bill Clinton.

Mit viel Kreativität schaffte er es, der republikanischen Mehrheit im Kongress damals ein Zugeständnis nach dem anderen abzuringen. Statt sich ideologisch zu verschanzen, brachte er Lösungen vor, die es beiden Seiten erlaubten, Siege auszurufen. Sperling hatte wesentlichen Anteil an dem Abbau des Defizits. Zum Ende der Amtszeit Clintons fand sich ein Überschuss in der Staatskasse. Dieses Talent kann Obama in vergleichbarer Situation gut gebrauchen. Zusammen mit Jack Lew, einem anderen Clinton-Veteranen, der nun für den Haushalt zuständig ist, und dem neuen Stabschef im Weissen Haus, Bill Daley, bilden die drei eine pragmatische Achse.

«Eine positive Botschaft»

William M. Daley, den Obama am Donnerstag in sein Amt berief, verdiente sein Geld zuvor auf der Chefetage von J. P. Morgan Chase, die nach der Finanzkrise zur grössten Bank der USA aufstieg. Der Bruder des legendären Bürgermeisters von Chicago machte sich einen Namen als Handelsminister Bill Clintons. Daley löst Pete Rouse ab, der die Rolle nach dem Abgang Rahm Emanuels vorübergehend ausfüllte, aber selber kein dauerhaftes Interesse an dem Amt zeigte.

«Das wird eine positive Botschaft an die amerikanische Wirtschaft senden», lobte George W. Bushs ehemaliger Handelsminister Don Evans die Berufung seines damaligen Gegenspielers, der im Jahr 2000 den Wahlkampf Al Gores gemanagt hatte. Eine Sicht, die in Washington vielfach geteilt wird.

Mit den beiden Berufungen rückt Obama weiter in die politische Mitte. Und Experten sehen darin die Einsicht des Präsidenten in die Notwendigkeit, das Klima zur Wirtschaft zu verbessern, das in den beiden ersten Jahren seiner Amtszeit merklich abgekühlt war.

Legende (Bilder: ap)

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