Der russische Präsident hat das Abkommen zur Wiederaufnahme der Gaslieferungen und die gemeinsame Überwachung des Gastransits, auf das sich Moskau, Kiew und die EU gestern zuerst geeinigt hatten, wieder für ungültig erklärt.
Moskau. Die Hoffnungen auf eine rasche Wiederaufnahme der russischen Gaslieferungen nach Europa haben sich wieder zerschlagen: Der russische Präsident Dmitri Medwedew hat in der Nacht auf heute überraschend ein entsprechendes Abkommen wegen Änderungen von ukrainischer Seite für ungültig erklärt.
Gestern hatten Russland und die Ukraine nach Vermittlungsbemühungen der EU eine Vereinbarung unterzeichnet, welche die Stationierung einer internationalen Beobachtermission an den ukrainischen Transit-Erdgasleitungen vorsieht. Medwedew rief die Ukraine in der Nacht auf heute auf, ihre gesonderte Erklärung zu dem unterzeichneten Abkommen wieder zurückzunehmen.
Moskau hatte stets erklärt, es nehme die Gaslieferungen erst wieder auf, wenn ein gültiges Abkommen unter Dach und Fach sei.
Die EU-Kommission betonte indessen, die gesonderte Erklärung der Ukraine mache das eigentliche Abkommen nicht ungültig. Der tschechische Premier und EU-Ratsvorsitzende Mirek Topolanek hatte noch gestern morgen nach stundenlangen Verhandlungen in Kiew erklärt: «Nichts hindert Russland mehr, die Gaslieferungen wieder aufzunehmen.»
Der russische Staatskonzern Gazprom hatte seine Lieferungen an die EU über ukrainische Leitungen am Dienstag eingeschränkt und dann ganz gestoppt.
Von der Einstellung der Gaslieferungen sind 15 Länder betroffen – Bulgarien, Bosnien-Herzegowina, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Mazedonien, Österreich, Rumänien, Serbien, die Slowakei, Slowenien, Tschechien, die Türkei und Ungarn. Zur Begründung des Lieferstops gab der Konzern an, dass die Ukraine für EU-Kunden bestimmtes Gas entwendet habe. Die Ukraine wird von Gazprom schon seit dem Neujahrstag nicht mehr beliefert.
Russlands Premier Putin hatte zugesagt, dass die Erdgaslieferungen in die EU wieder aufgenommen würden, sobald die Beobachter an ihrem Platz seien. Die ersten Beobachter waren bereits gestern in der Ukraine eingetroffen. Putin wies Vorwürfe der USA zurück, die Gaslieferungen als politische Waffe zu missbrauchen. Es gehe allein um marktgerechte Wirtschaftsbeziehungen mit dem Nachbarland, sagte Putin. Medwedew verlangte, die Ukraine müsse den gleichen Preis für Erdgas zahlen wie EU-Kunden.
In 2008 berechnete Gazprom die Erdgaslieferungen an die Ukraine noch mit 179,50 Dollar pro 1000 Kubikmeter – das ist etwa die Hälfte des Preises, der von EU-Kunden verlangt wird. Ohne Ergebnis endeten auch die Preisgespräche zwischen Gazprom und dem ukrainischen Naftogaz. Ein Naftogaz-Chef sagte, Gazprom fordere einen Preis von 450 Dollar pro 1000 Kubikmeter. (ap)