London
Britische Polizei stuft den Mord am Abgeordneten David Amess als Terrorakt ein

Die Bestürzung in Grossbritannien über den gewaltsamen Tod des Abgeordneten Amess in Grossbritannien ist riesig. Für die Polizei ist inzwischen klar, dass es sich um einen Terrorakt handelt.

Drucken
Die Polizei und die Spurensicherung sind am Tatort.

Die Polizei und die Spurensicherung sind am Tatort.

Alberto Pezzali / AP

Der britische Tory-Abgeordnete David Amess ist nach ersten Ermittlungen der Polizei Opfer eines Terrorakts geworden. Für die Behörden stand nach stundenlangen Ermittlungen fest, dass es sich bei der Messerattacke eines 25-Jährigen um einen Terrorakt handelt, wie die britische Agentur PA in der Nacht zum Samstag berichtete. Die Anti-Terror-Einheit hatte die Ermittlungen bereits unmittelbar nach der Tat aufgenommen.

Erste Untersuchungen hätten «eine mögliche Motivation in Verbindung zu islamistischem Extremismus» ergeben, heisst es in der Mitteilung der Polizei weiter. Im Rahmen der Ermittlungen gebe es auch Durchsuchungen an zwei Orten in London. Der 25-jährige Angreifer befinde sich in Gewahrsam in einer Polizeistation in Essex. Nach Dafürhalten der Ermittler gilt er als Einzeltäter. Weitere Verdächtige werden nicht gesucht.

Politiker in Essex erstochen.

CH Media Video Unit

Der 69 Jahre alte konservative Abgeordnete David Amess wurde am Freitag in seinem Wahlkreis in der englischen Grafschaft Essex während einer Bürgersprechstunde zum Opfer einer Messerattacke. Amess erlitt mehrere Stichverletzungen und starb noch vor Ort.

Herzen «voller Schock und Traurigkeit»

Der Vorfall löste Entsetzen und grosse Betroffenheit über die Parteigrenzen hinweg aus. Die Fahnen am Regierungssitz Downing Street und dem Parlament wurden auf halbmast gesetzt.

David Amess kam bei einem terroristischen Angriff ums Leben.

David Amess kam bei einem terroristischen Angriff ums Leben.

Geoff Caddick / AP

Premierminister Boris Johnson äusserte sich zunächst nicht zu den möglichen Hintergründen der Tat. «Unsere Gedanken sind vor allem mit seiner Familie, seiner Frau und seinen Kindern und für alles Weitere müssen wir die Polizei ihre Ermittlungen machen lassen», sagte der Premier. Die Herzen seien nun voller Schock und Traurigkeit, so Johnson. Oppositionschef Keir Starmer von der Labour-Partei sprach von einem «dunklen und schockierenden Tag» und rief angesichts der «grauenhaften Ereignisse» zur Einheit auf.

Auch die Royals sind bestürzt

Betroffen zeigten sich auch Prinz William und Herzogin Kate. «Wir sind schockiert und traurig über den Mord an Sir David Amess, der 40 Jahre seines Lebens dem Dienst an der Gemeinschaft geopfert hat», teilten die beiden am Freitagabend per Twitter mit. Ihre Gedanken und Gebete seien bei der Familie, den Freunden und Kollegen des getöteten Abgeordneten, so das Paar weiter.

Auch Unterhauspräsident Lindsay Hoyle zeigte sich «schockiert und zutiefst getroffen». Der Vorfall werde «Schockwellen durch die parlamentarische Gemeinschaft und das ganze Land senden», so Hoyle auf Twitter. Er kündigte zudem an, es müsse in den kommenden Tagen «eine Debatte geben über die Sicherheit von Abgeordneten und zu ergreifende Massnahmen».

Innenministerin Priti Patel ordnete eine umgehende Überprüfung der Sicherheitsvorkehrungen für Abgeordnete an. Die konservative Ministerin verurteilte die Attacke als «sinnlosen Angriff auf die Demokratie selbst».

Fall erinnert an eine Tat von 2016

Amess hinterlässt eine Frau und fünf Kinder. Der Katholik galt als erzkonservativer Brexit-Befürworter, der sich gegen das Recht auf Abtreibung und für Tierrechte einsetzte. Er war auch ein entschiedener Gegner der Fuchsjagd. Amess sass seit 1983 für die Tories im britischen Parlament, zuerst für den Wahlkreis Basildon, später für Southend West.

Der Fall erinnert an den Mord an der Labour-Abgeordneten Jo Cox 2016. Diese wurde bei einer Bürgersprechstunde in ihrem Wahlkreis von einem Rechtsextremisten mit einer Schusswaffe und einem Messer angegriffen. Sie starb kurz darauf an ihren Verletzungen. Der Mord an Cox ereignete sich nur wenige Wochen vor dem Brexit-Referendum.