Keine Frage des Glaubens

In New York haben die Regierungschefs den breiten Konsens der Wissenschafter über den menschengemachten Klimawandel akzeptiert. Das nicht zu tun, wäre ein Risiko. Von Bruno Knellwolf

Bruno Knellwolf
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UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon ist zufrieden: Er hat rund 120 Staatschefs nach New York gerufen, und die haben mehr Einsatz für den Klimaschutz versprochen. Den von ihm erhofften Anschub für ein Klimaschutzabkommen nach dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls im Jahr 2020 sieht Ban Ki Moon verwirklicht.

Darüber, ob den Worten nun Taten folgen, war sich der Schauspieler Leonardo DiCaprio, der als UNO-Sonderbotschafter eine Rede vor den versammelten Regierungsvertretern halten durfte, allerdings nicht sicher. «Sie können Geschichte schreiben oder von der Geschichte verteufelt werden», sagte DiCaprio. «Mein Job ist es, Dinge vorzuspielen, ihrer nicht.»

Nur Theater?

Ob die Regierungschefs nur Theater gespielt haben, wird sich zeigen. Immerhin scheint sich unter den meisten von ihnen die wissenschaftliche Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass der Mensch selbst zum Klimawandel beigetragen hat und somit auch etwas dagegen tun könnte.

Unter Klimawissenschaftern gibt es da kaum Zweifel. 95 bis 97 Prozent stimmen der Aussage zu, die Erderwärmung sei grossenteils menschengemacht. Für Klimaskeptiker ist das allerdings kein Problem – sie glauben einfach jenen 3 bis 5 Prozent, die nur natürliche Klimaschwankungen als Ursache der globalen Erwärmung sehen. Und ein Konsens allein, ist in der Wissenschaft in der Tat noch kein Beweis. Dafür gab es schon zu viele Irrtümer, welche die Wissenschaft selbst aber wieder korrigiert hat – was genau ihre grosse Stärke ist. Sie glaubt nicht, sondern will es wissen.

In der Klimafrage ist die Beweisführung allerdings eine schwierige, weil das globale Klimasystem extrem komplex ist und viele Einflüsse auch noch zu wenig untersucht sind. Trotzdem gibt es einige Punkte, die reichen müssten, um uns zum Klimaschutz zu bewegen. Sicher ist, dass es die Erderwärmung gibt. Für viele das deutlichste Zeichen sind die schmelzenden Gletscher. Die klarsten Daten kommen aber von Temperaturmessungen in der Atmosphäre und im Ozean über einen langen Zeitraum.

Damit ist die Frage, ob der Mensch daran schuld ist, allerdings nicht geklärt. Den hier müssen Hypothesen und Plausibilitäten sowie der Vergleich mit der vorindustriellen Zeit herhalten, als das Erdöl noch im Boden schlummerte und nicht in Motoren verheizt worden ist.

Daran arbeitet der Weltklimarat IPCC nun seit Jahren, hat Daten und Studien erarbeitet und daraus berechnet, wie wahrscheinlich es ist, dass der Mensch die Erwärmung verursacht hat. Demnach ist es zu 95 Prozent «extrem wahrscheinlich», dass der Mensch der dominante Faktor für die beobachtete Erwärmung seit Mitte des 20. Jahrhundert ist.

Klar ist für die Wissenschaft, weil messbar, dass die Treibhausgase in der Atmosphäre rasch zunehmen. Das betrifft vor allem die Konzentrationen von Kohlendioxid, Methan und Lachgas im Vergleich zum Jahr 1750, vor Beginn der Industrialisierung. Hauptursache für den CO2-Anstieg ist das Verbrennen von Kohle, Erdöl und Gas. Das Kohlendioxid ist das wichtigste durch den Menschen verursachte Treibhausgas. Dessen hohe Konzentration und die lange Aufenthaltsdauer in der Atmosphäre machen es zum grossen Problem.

Treibhausgase sind entscheidend

Durch die Treibhausgase kann die Erderwärmung erklärt werden – andere Ursachen wie die Sonnenaktivität, kosmische Strahlung und Vulkane sind für die Klimaforscher nicht plausibel. Die Atmosphäre hält einen Teil der langwelligen Abstrahlung der Erde zurück. Dieser Treibhauseffekt ist für unser Leben existenziell. Die Zunahme der Treibhausgase hat die Strahlungsbilanz der Erde verändert und den natürlichen Treibhauseffekt verstärkt. Als Folge davon steigen die durchschnittlichen Temperaturen auf unserem Planeten.

Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse zu negieren, ist zumindest ein hohes Risiko.

bruno.knellwolf@tagblatt.ch